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Das digitale Ich Überwachung ist Teil des Deals

Dass wir in einer Überwachungsgesellschaft leben, scheint uns gleichgültig zu sein. Es ist der Preis, den wir für digitale Dienstleistungen zahlen. Laut dem Soziologen Nils Zurawski ist die Überwachung längst Teil einer alltäglichen Konsumgesellschaft geworden.

In den analogen Zeiten des vergangenen Jahrhunderts war es ganz einfach: Unsere Bücher kauften wir in der Buchhandlung. Unsere Finanzgeschäfte erledigten wir in der Bank-Filiale. Und unseren Wissensdurst stillten wir in der Bibliothek. Schön war das, aber auch zeitaufwendig und manchmal kompliziert.

Die digitale Revolution vor 15 Jahren brachte die Kehrtwende: «Ein Schlaraffenland brach über uns herein», sagt der Hamburger Soziologe Nils Zurawski, «alle Dienstleistungen kamen zu uns nach Hause. Plötzlich glaubten wieder alle an den Fortschritt!»

Bücher, CDs, ganze Bibliotheken des Wissens – alles wurde per Mausklick plötzlich möglich und liess neue Dienstleiter wie Amazon, Google und Co. zu Giganten der Wirtschaft heranwachsen.

Nach anfänglicher Skepsis lieferten wir Konsumenten den Unternehmen relativ unbekümmert gewaltige Mengen an Daten. Je mehr wir von uns offenbarten, desto besser, desto effizienter waren die Leistungen der Unternehmen. Eine klassische Win-win Situation.

Die Überwachung ist Teil des Konsums

Zur Person

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Der Soziologe Nils Zurawski forscht und lehrt am Institut für kriminologische Sozialforschung in Hamburg. Schwerpunkte sind unter anderem Überwachung, Kontrolle, Identität und Neue Medien. Er ist zudem Herausgeber des Blogs «Surveillance Studies», eines Forschungsnetzwerks zu Überwachung, Technologie und Kontrolle. Dort schreibt er auch selber.

Heute sind wir in vielen Bereichen des Alltags von digitalen Informationen abhängig. Für diese Abhängigkeit hätten wir einen hohen Preis bezahlt, sagt Nils Zurawski: «Das Preisgeben der persönlichen Daten ist zum normalen Deal geworden.» Damit sei die Überwachung Teil des Konsums und für uns scheinbar unsichtbar und normal geworden.

Die von Algorithmen massgeschneiderten Dienstleistungen der Internetgiganten hätten uns bequem und damit unkritischer und kontrollierbar werden lassen. Wir steckten fest in einer virtuellen Konsum-Oase, so Nils Zurawski. «Das Internet stand früher für einen Ort der unendlichen Freiheit. Heute wird es von wenigen Unternehmen dominiert, und wir Konsumenten geben uns zufrieden mit abgepackten und normierten Informationen.»

Es liege nun an uns, diese Logik wieder zu durchbrechen und nochmals sorgfältig über die Risiken der digitalen Welt nachzudenken: «Unser Leben in der digitalen Welt sollte so sein wie beim Bergsteigen. Niemand klettert den Berg einfach so rauf ohne sich vorher in Detail über die Gefahren zu informieren!»

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