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Geoengineering – wie riskant ist die CO2-Speicherung im Untergrund?
Aus nano vom 10.05.2019.
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Wohin mit dem CO2? Raus aus der Atmosphäre, rein in den Untergrund

Die Klima-Erwärmung schreitet voran. Wohin mit dem CO2? Im Schweizer Jura testet man die unterirdische Speicherung.

Tief im Berg erkunden Forscher derzeit, wie sich die Klimakatastrophe doch noch abwenden liesse. Im Felslabor Mont Terri bei Saint-Ursanne im Jura wollen sie herausfinden, ob und wie CO2, der Treibstoff des Klimawandels, sicher im Untergrund in der Schweiz gespeichert werden kann.

Denn immer mehr Wissenschaftler sind sich einig, dass sich der Klimawandel allein durch die Drosselung der CO2-Emissionen nicht mehr stoppen lässt. Der Weltklimarat hat ab 2050 folgendes Szenario bereits fest eingeplant: Treibhausgase müssen aus der Atmosphäre gesaugt und dann in mehreren Kilometern Tiefe gebunkert werden – etwa in einem leeren Gasfeld oder in einer porösen Gesteinsschicht mit Salzwasser.

Sicherer Ort dringend gesucht

Carbon-Capture-and-Storage, kurz CCS, heisst das in der Fachsprache. Es ist Teil des sogenannten Geoengineerings, also eine der Technologien, mit denen man jenseits von Energiewende und CO2-Vermeidung den Klimawandel aufhalten will.

Dass die Wahl der Forscher auf das Felslabor von Swisstopo im Kanton Jura fiel, ist kein Zufall. Es befindet sich mitten im sogenannten Opalinuston.

«Der Opalinsuton ist sehr dicht. Somit ist die Durchlässigkeit für Flüssigkeiten und Gase nur sehr gering», sagt der Geophysiker Melchior Grab von der ETH Zürich.

Der Opalinuston wäre ein hervorragendes Deckgestein, um ein CO2-Endlager in der Tiefe abzudichten. Und diesen Deckel untersuchen die Forscher um Grab jetzt akribisch.

Aber wie sicher kann «sicher» sein?

Denn die Geologen können nicht ausschliessen, dass ein kilometerlanger Gesteinsdeckel nicht irgendwo potentiell undichte Stellen, sogenannte Bruchzonen, aufweist. Die entscheidende Frage: Könnte flüssiges CO2 eine Bruchzone durchwandern und so aus einem etwaigen Endlager entweichen?

Experten-Treffen in der Schweiz

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Legende: KEYSTONE / GEORGIOS KEFALAS

Den Klimakiller CO2 aus der Atmosphäre zu fischen und in Tiefenlagern zu bunkern, ist in dieser Woche (5. – 10. Mai) Thema auf einer grossen Konferenz in Les Diablerets in der Schweiz.

Experten aus der ganzen Welt stellen neue Projekte und Technologien vor. Etwa das CarbFix-Projekt in Island. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, CO2 in kurzer Zeit in Stein zu verwandeln.

Auch die ehrgeizigen Pläne der Norweger sind Thema. Sie wollen Europa ein gigantisches CO2-Endlager im Meeresboden zur Verfügung stellen.

In Les Diablerets wird es vor allem um die Herausforderung gehen, die Technologien im nötigen grossen Massstab anwenden zu können.

Um das zu klären, spritzen die Forscher in Salzwasser gelöstes CO2 über ein Bohrloch in die Bruchzonen. Würde die Flüssigkeit wandern, würden Sensoren das registrieren.

Während man in der Schweiz noch mit Grundlagenforschung beschäftigt ist, pumpt Norwegen schon länger CO2 in leere Gas- und Ölfelder unter dem Meeresboden.

Pilotprojekte in Deutschland sind vor einigen Jahren am massiven Protest der Bevölkerung gescheitert. Eine der Ängste war, dass das CO2 im Boden Erdbeben auslösen könnte.

Risiken besser einschätzen können

«Dass ein wirklich grosses Beben in dieser Tiefe bei der Menge von CO2 ausgelöst würde, halte ich für extrem unwahrscheinlich», sagt Stefan Wiemer, Direktor des Schweizerischen Erdbebendienstes. Das Experiment in Mont Terri solle jetzt Grundlagendaten für die Schweiz liefern, um das Risiko der CO2-Speicherung im Untergrund besser einschätzen und so der Angst der Menschen mit Fakten begegnen zu können.

Doch für das CO2-Tiefenlager selbst könnte bereits ein Mini-Beben ein Problem sein. «Beben bedeuten immer, dass sich im Untergrund etwas bewegt», sagt Melchior Grab. Dadurch könnten sich in einer Bruchzone weitere Klüfte auftun.

Im Felslabor Mont Terri wollen die Forscher deshalb zusätzlich mittels Wasserdruck Mini-Beben auslösen und analysieren, was passiert. Danach werden erstmals Daten vorliegen, um das Risiko der CO2-Speicherung in der Schweiz besser einschätzen zu können.

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