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Eine Werbetafel für die SPD. Darauf steht: Sozial heisst: Mindestlöhne und nicht Lohndumping.
Legende: Bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro verdient ein Arbeitnehmer bei einer 40-Stunden-Woche etwa 1360 Euro pro Monat. Colourbox
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International 8,50 Euro: Deutschland führt den Mindestlohn ein

Nach jahrelangem Kampf der Gewerkschaften hat der deutsche Bundestag mit grosser Mehrheit einer gesetzlichen Lohnuntergrenze zugestimmt – trotz der Warnung der Wirtschaftsverbände. Bis spätestens 2017 soll niemand über 18 Jahre weniger als umgerechnet 10,30 Franken pro Stunde verdienen.

Der deutsche Bundestag sagt deutlich Ja zum gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Fast 90 Prozent der anwesenden Abgeordneten stimmten für den Gesetzesentwuf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

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Deutschland beschliesst einen Mindestlohn
aus Heute um Vier vom 03.07.2014.
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Der Mindestlohn gilt grundsätzlich von 2015 an. Er wird ab 2016 alle zwei Jahre überprüft und sieht für Branchen wie Zeitungszusteller und Saisonarbeiter Übergangsfristen bis 2017 vor.

Jugendliche unter 18 Jahren sind von der Regelung ausgenommen. Wer einen Langzeitarbeitslosen einstellt, muss ihm erst nach sechs Monaten den Mindestlohn zahlen.

«Ein Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit»

Arbeitsministerin Nahles würdigte im Parlament den jahrzehntelangen Einsatz der Gewerkschaften für eine solche flächendeckende Lohnuntergrenze. In der abschliessenden Beratung ihres Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie betonte sie, dass keine Branche vom Mindestlohn ausgenommen werde.

Um die Anwendung des Gesetzes ausreichend kontrollieren zu können, soll der deutsche Zoll 1600 neue Mitarbeiter einstellen. Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn nütze auf dem Papier nichts, er müsse in der Wirklichkeit umgesetzt werden, sagte Nahles.

Die Lohnuntergrenze sei ein Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Die Wirtschaft kritisierte wiederholt, dass sie die Anhebung der Löhne für 3,7 Millionen Menschen ab 2015 zwischen neun und zehn Milliarden Euro koste.

Linke forderten 10 Euro

Der Linken-Abgeordnete Klaus Ernst hatte im Plenum angekündigt, dass sich seine Fraktion bei der Abstimmung enthalten werde. Die Linke verlangte in einem eigenen Antrag einen Mindestlohn von 10 Euro, umgerechnet rund 12,15 Franken.

Am Freitag kommender Woche will sich auch der Bundesrat, die Länderkammer, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause mit dem Gesetz von Nahles befassen. Nachdem der Entwurf bereits im Bundestag Zustimmung auch aus den Reihen der Grünen bekam, wird erwartet, dass er auch in der Länderkammer eine Mehrheit bekommt.

Kanzlerin Merkel will keinen Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn war eines der grossen politischen Ziele der Sozialdemokraten, dass sie in den Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten von Bundeskanzlerin Angela Merkel im vorigen Jahr durchsetzten.

Zwar hatte sich CDU-Chefin Merkel im Wahlkampf klar gegen ihn ausgesprochen. Hätte die CDU/CSU auf dieser Position aber beharrt, wäre die grosse Koalition nicht zustande gekommen.

Wirtschaftsverbände warnen, dass durch den Mindestlohn Arbeitsplätze verloren gehen, weil sie sich nicht mehr rechnen. Nach Einschätzung des Münchner ifo-Institutes könnte er bis zu 900'000 Stellen kosten. Nahles und die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung versichern dagegen, der Mindestlohn werde keine negativen Auswirkungen haben.

Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen es noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Bisher kennt Europas grösste Volkswirtschaft nur sogenannte Branchen-Mindestlöhne. Diese basieren auf Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, die von der Regierung als allgemeinverbindlich für eine ganze Branche erklärt werden.

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