Manche bezeichnen die UNO-Abrüstungskonferenz als «Schlafende Schöne». Andere sprechen von einem Trauerspiel. Tatsächlich war dieses Gremium mit seinen 65 Staaten, darunter die Atommächte, kaum je so wichtig wie heute.
Oder besser: Es wäre so wichtig. Man müsste das Gremium dringend neu beleben, findet UNO-Generalsekretär António Guterres, denn wir lebten in einer gefährlichen Welt. Selbst Atomwaffen würden wieder weiterverbreitet und weiterentwickelt.
Die Abrüstungskonferenz in Genf blickt auf eine erfolgreiche Geschichte zurück: Der Atomsperrvertrag entstand dort. Auch das Atomtestverbot. Und das weltweite Verbot von chemischen und jenes von biologischen Waffen.
Auch heute gäbe es reichlich zu tun: die nukleare Abrüstung vorantreiben – zum Beispiel. Oder Regeln für sogenannte Killerroboter aufstellen, also für autonome Waffensysteme.
Stillstand in allen Belangen
Bloss: Bei all dem komme die Abrüstungskonferenz kaum voran, sagt Botschafter Félix Baumann, der Schweizer Vertreter in der UNO-Abrüstungskonferenz. Es gebe noch nicht einmal ein Arbeitsprogramm: «Die Konferenz ist in dem Sinne blockiert, dass sie nicht in der Lage ist, sich darüber zu verständigen, welches multilaterale Instrument als nächstes verhandelt werden soll.»
Baumann rechnet nicht damit, dass man im nun anlaufenden Sitzungsjahr weiterkommt: «Es müssen jetzt sicher weitere Anstrengungen unternommen werden, um die Blockade zu überwinden. Es scheint aber eher unwahrscheinlich, dass dieses Hindernis im neuen Jahr überwunden werden kann.»
Baumann hält die Abrüstungskonferenz grundsätzlich für enorm wichtig, denn «es ist das einzige ständige Abrüstungsforum, in dem sämtliche wichtigen militärischen Mächte vertreten sind». Das sehen auch die Vertreter anderer Staaten so. Zumindest im Prinzip.
Doch Fortschritte gibt es – wenn überhaupt – nur im Millimeterbereich. Dazu gehören zum Beispiel thematische Ausschüsse, die auch dank des Engagements der Schweiz gebildet worden sind. Ausschüsse, in denen Ländervertreter über konkrete Fragen diskutieren. Ein offizielles Verhandlungsmandat haben diese Ausschüsse aber nicht.
Die Welt ist komplizierter geworden
Früher war es einfacher. Im Kalten Krieg, als es zwei Machtblöcke gab und insofern klare Verhältnisse herrschten. Und erst recht in den Jahren des Aufbruchs nach dem Ende des Kalten Krieges. Heute indes tritt man an Ort, was auf die überaus angespannte weltpolitische Lage zurückzuführen ist, sagt Botschafter Baumann: «Einer der Gründe ist natürlich, wie die Welt heute aussieht.»
Will heissen: Die Differenzen zwischen grossen Mächten sind gewaltig, die Spannungen abgrundtief, die Konflikte zäh und bitter. Die Chancen, die «Schlafende Schöne», die UNO-Abrüstungskonferenz, aus ihrem Tiefschlaf zu erwecken, sind entsprechend gering.