453 von 584 Abgeordneten stimmten in einer Sondersitzung für das dritte Hilfsprogramm, das bis Ende 2018 Darlehen des Euro-Rettungsfonds ESM von bis zu 86 Milliarden Euro vorsieht. Mit «Nein» votierten 113 Abgeordnete, 18 enthielten sich.
Wichtige Hürde genommen
Die Zahl der Abweichler ist in der regierenden CDU/CSU-Fraktion im Vergleich zum letzten Votum gestiegen. 63 Abgeordnete von CDU und CSU stimmten demnach mit Nein, 3 enthielten sich, 228 waren dafür.
Für SRF-Korrespondent Adrian Arnold ist klar: «Die vielen Nein-Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion haben keinen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit von Kanzlerin Angela Merkel.»
Merkel habe eine sehr grosse Mehrheit sowohl im Bundestag als auch innerhalb der eigenen Fraktion hinter sich gebracht. «Die Fassade der Kanzlerin hat einen kleinen Kratzer abbekommen. Aber das Vertrauen in sie ist nach wie vor intakt», sagt Arnold.
Die Fassade der Kanzlerin hat einen kleinen Kratzer abbekommen. Aber das Vertrauen in sie ist nach wie vor intakt.
Nach den zermürbenden Verhandlungen attestierte Finanzminister Wolfgang Schäuble der Regierung in Athen schliesslich einen bemerkenswerten Wandel. Die Opposition forderte die Bundesregierung zur Ehrlichkeit auf: Griechenland werde nicht alle Kredite zurückzahlen können, was auch die deutschen Steuerzahler treffen werde.
Mit der Zustimmung des Bundestages nahm das Hilfspaket eine der letzten Hürden. Bereits am Dienstag hatten die Parlamente in Österreich und Spanien grünes Licht gegeben.
Die Entscheidung über ein weiteres Hilfsprogramm für Griechenland fällt nicht leicht.
Ihre mehrheitliche Zustimmung hatten Union, SPD und Grüne angekündigt, die Links-Fraktion wollte die Hilfs- und Reformvereinbarung ablehnen. «Die Entscheidung über ein weiteres Hilfsprogramm für Griechenland fällt nicht leicht», sagte Schäuble, der in den Verhandlungen eine zeitweise Auszeit der Griechen aus dem Euro ins Gespräch gebracht hatte.
Spürbarer Wandel in Athen
Die im Januar ins Amt gekommene Links-Regierung von Alexis Tsipras habe den Griechen das unhaltbare Versprechen gemacht, ohne Reformen im Euro zu bleiben. «Jetzt muss er das Gegenteil von dem machen, was er versprochen hat», sagte Schäuble. Zu den vereinbarten Reformen gehören der Aufbau einer modernen Verwaltung, der Abbau von Steuervergünstigungen, die Liberalisierung von Arbeits- und Produktmärkten und die Einrichtung eines Privatisierungsfonds.
Der Wandel in Athen sei offensichtlich und mit Händen zu greifen, sagte Schäuble. «Angesichts der Tatsache, dass das griechische Parlament einen Grossteil der Massnahmen bereits beschlossen hat, wäre es unverantwortlich, die Chance für einen neuen Anfang in Griechenland jetzt nicht zu nutzen.»
Eine Garantie gebe es aber nicht: «Die Chance ist gegeben – ob sie genutzt wird, entscheiden allein die Griechen.» Die erste Überprüfung der Programmumsetzung ist bereits für Oktober vorgesehen. In zwei Rettungspaketen hat die Euro-Zone dem pleitebedrohten Land bereits über 200 Milliarden Euro geliehen.
Athen muss am Donnerstag 3,4 Milliarden zahlen
Nach der Entscheidung in Berlin steht von den 19 Euro-Ländern nur noch das Votum der Niederlande aus. Dieses wird noch heute erwartet. Anschliessend wollen die Euro-Finanzminister in einer Telefon-Konferenz die erste Rate aus dem bis 2018 laufenden Programm von 26 Milliarden Euro freigeben.
Athen muss bis zum Donnerstag knapp 3,4 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen. Erst im Herbst wird sich zeigen, ob der Internationale Währungsfonds (IWF) dauerhaft bei der Griechenland-Rettung an Bord bleibt