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International Chinesen bunkern Milliarden im Ausland

Firmen und Individuen aus dem Reich der Mitte haben immer mehr Geld. Doch sie wollen mehr und schleusen es am Staat vorbei. Der Staat kämpft gegen die Kapital- und Steuerflucht. Mit den Massnahmen aber lähmt er sich selbst. Ein Gespräch mit Urs Morf, Radio SRF-Korrespondent in China.

Ein Blick auf einen Strand der Virgin Islands.
Legende: Kurioserweise investieren «ausländische Unternehmen» der Virgin Islands Unsummen in die chinesische Wirtschaft. Keystone

Wer gehört zu den Steuerhinterziehern und Geldwäschern?

Urs Morf: Es sind drei Gruppen. Die erste Gruppe sind Firmen, die grosse Vermögensteile ins Ausland transferieren. Zum zweiten Neureiche und korrupte Beamte. Die dritte Gruppe sind klassische Kriminelle, zu denen auch Nordkoreaner gehören.

Wie funktioniert das bei den Firmen?

Ein Beispiel: Eine Firma exportiert 1000 Fernseher. Sie deklariert 1000 Franken, obwohl sie 1500 Franken pro TV-Set bekommen hat. Die restlichen 500 Franken transferieren sie auf ein Konto auf den Virgin Islands. Diese am Staat vorbeigeschmuggelten Erlöse investieren die Firmen auf den Virgin Islands wieder in China. Ausländische Firmen, die in China investieren, bekommen Steuervergünstigungen. Seit den 1990er Jahren rangieren die Virgin Islands in der Statistik der Investitionen aus dem Ausland auf dem ersten oder zweiten Platz.

Wollen die Neureichen mit dieser Masche Steuern sparen?

Das Motiv ist eigentlich ein anderes. Sie sind misstrauisch. Sie wissen nicht, ob eines Tages die Stimmung der Chinesen gegen sie umschlägt. Die Korrupten haben Angst aufzufliegen. Wenn sie ein gewisses Vermögen haben, transferieren sie es ins Ausland. Dann können sie sich eines Tages persönlich dahin absetzen.

Audio
Das ganz Gespräch mit Korrespondent Urs Morf
aus Echo der Zeit vom 19.04.2013.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 13 Sekunden.

Die neue chinesische Führung will die Banken genauer kontrollieren. Wie?

Sie erlässt immer neue Verordnungen. Die Banken sollen verdächtige Finanztransfers rapportieren. Das Problem ist: Der Finanzsektor in China ist ein Zwitter zwischen dem Staat und der Privatwirtschaft. Niemand in China will je Verantwortung übernehmen. Deswegen wird überrapportiert. Die einfachsten Finanztransfers werden als potenziell verdächtig angemeldet.

Das System lähmt sich selbst?

Genau. Die Kontrollinstanzen ertrinken förmlich an der Flut von Tausenden Berichten. Die können gar nicht mehr kontrolliert werden. Da bleiben auch die illegalen Fälle unbemerkt. Es ist nicht mehr zu bewältigen.

Dem Staat entgehen jedes Jahr so 860 Milliarden Dollar. Ist das ein Problem?

Bisher offenbar nicht. Das ist erstaunlich. Unter dem Strich ist mindestens seit dem Beginn der 2000er Jahre mehr Geld aus China abgeflossen als in das Land investiert wurde. Der Staat und die Volkswirtschaft konnten das bisher offenbar verkraften. Langfristig kann das aber nicht gut gehen.

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