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Schleusen auf für den neuen Panamakanal
Aus Tagesschau am Vorabend vom 26.06.2016.
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International Der Panama-Kanal ist bereit für die Giganten der Meere

Eigentlich hätte der erweiterte Panamakanal schon vor zwei Jahren eröffnet werden sollen. Doch dann gab es Streiks und Streitereien mit den Baufirmen. Heute aber war es soweit: Der neue Kanal, eine der wichtigsten Wasserstrassen der Welt, wurde eröffnet. Nicht alle in Panama profitieren davon.

Die Giganten der See-Schiffahrt können kommen. Frachter vor allem, mit ihrer gestapelten Ladung von bis zu 14'000 Containern, welche die Dimensionen mehrstöckiger Mietshäuser haben.

Die Schleusen sind weit offen, erklärt der Elektromechanik-Ingenieur Ricardo Chong seinen ganzen Stolz – die Schiebetürmechanik. «Das sind die grössten Schiebetüren der Welt, eine davon wiegt 4000 Tonnen.» 57 Meter seien sie lang, zehn Meter breit und bis zu 33 Meter hoch. Die Schleuse sei wie eine grosse Kiste mit 2000 Autos darin, lacht Chong.

30'000 Kilometer Seeweg gespart

Mehr als 40'000 Arbeiter waren neun Jahre lang mit dem Bau beschäftigt, Ricardo Chong war einer von ihnen. Fünf Prozent der weltweit gehandelten Waren durchkreuzen Panama. Immer mehr sind «Made in China», seit der Jahrtausendwende hat deren Export drastisch zugenommen. Billiges Zeug, das billig transportiert werden muss.

26 Meter werden die Schiffe hochgeschleust und dann – nach 81 Kanalkilometern – an der anderen Küste wieder 26 Meter herabgelassen. Das erspart den Reedern 30'000 km Seeweg rund ums Kap Horn, die Südspitze Südamerikas.

Nach dem Suez-Kanal ist der Panama-Kanal die zweitwichtigste künstliche Wasserstrasse der Welt. Fast ein Jahrhundert wurden hier die Massstäbe gesetzt. Panamax heissen die Schiffe, die mit ihren 4500 Containern so gerade durch die alten Schleusen passen.

Finanzkrise und tiefer Ölpreis brachten Einbussen

Längst aber dominieren Frachter mit fast 15'000 Containern die Schiffahrt. Endlich passen auch diese Post-Panamax Riesen durch den Kanal, freut sich der stellvertretende Chef der Kanalverwaltung, Manuel Benítez.

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Panamakanal ganz breit - und doch zu schmal
aus Echo der Zeit vom 26.06.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 10 Sekunden.

Benítez hält die Erweiterung für eine krisensichere Investition. Nach der Finanzkrise von 2008 sei der Container-Transport über die Meere um gut zwanzig Prozent zurückgegangen. «Darunter haben auch wir gelitten», sagt Benítez. Auch wenn der Kanal die Auswirkungen weit weniger zu spüren bekam. «Der Panama-Kanal verkürzt nun mal die Seewege», sagt Benítez. Für Weizen aus den USA zum Beispiel: «Wenn der über den Mississippi kommt und nach Asien soll, ist das hier die kürzeste Route.»

In den letzten Monaten allerdings schafft der niedrige Ölpreis Probleme: Vor einem Jahr kostete die Tonne Schiffsdiesel noch 400 Dollar, heute nur noch 150. Da können sich Umwege lohnen, um den hohen Preis der Kanaldurchfahrt zu vermeiden. Die kostet in Panama bis zu 320'000 Dollar.

Gesetze, an die sich niemand hält

Das bringt Geld in die Kasse des Landes. Dessen Gesetze, so der Finanzanwalt Miguel Bernal, seien gut. Allerdings würden sie nicht befolgt. Tote Buchstaben seien das, an die sich weder die Regierenden noch das Parlament noch die Justiz gebunden fühlen. «Wir bekommen die Korruption nicht in den Griff», sagt Bernal.

Nach den Worten des Anwalts hat Panama zwei zentrale Probleme: Korruption und Straflosigkeit. «Gerade hatten wir den moralischen Infarkt, als uns die ‹Panama-Papers› auf die Füsse fielen. Aber wir haben weder die juristischen Instrumente noch unabhängige Medien noch zivile Werkzeuge, um das zu korrigieren. Unsere Regierung ist eine wahre Offshore-Regierung.»

Eine Folge ist die ungleiche Verteilung des Wohlstandes: Nur wenige teilen ihn unter sich auf. Statistisch hat das Land eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen Lateinamerikas, aber 28 Prozent der Menschen in Panama sind arm.

«Wer profitiert? Die Kinder der Reichen.»

Nelly Carpentier ist eine fulminante Afro-Karibin aus Colón, der Hafenstadt am Atlantik. Die Armut kriecht hier aus den Ritzen der verfallenden Holzhäuser, in Sichtweite der Geldquelle Kanal. Nelly kocht billiges Essen in einem Verschlag, keine vier Franken bleiben am Tagesende für sie und für ihren Sohn übrig. «Die Regierung gibt uns nichts», sagt die Frau. «Gar nichts.»

Sie schimpft auf die «politische Mafia» und die Versprechen, die rund um die Erweiterung des Kanals gemacht wurden. «Und wer wird etwas abbekommen?», fragt Nelly. «Die Kinder der Reichen. Der Sohn von Nelly, der Köchin, nicht.» So wird in Panama eben nicht nur der Schiffverkehr kanalisiert, sondern auch der Geldfluss.

Erster Frachter passiert Kanal

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Ein chinesischer Frachter mit 9000 Containern an Bord ist am Sonntag als erstes Schiff durch den neuen Panama-Kanal gefahren. Mehrere Schlepperboote zogen die «Cosco Shipping Panama» in die neuen Schleusen in Agua Clara.

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