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Streit mit der Türkei «Deutsche Staatsbürger müssen Angst vor Willkür haben»

Als Reaktion auf die Verhaftung zahlreicher Deutscher in der Türkei hat das Aussenministerium seine Reisehinweise verschärft. Zudem stellt Berlin Exportbürgschaften auf den Prüfstand. Die Abmahnung der Türkei durch Aussenminister Gabriel sei aussergewöhnlich, sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold.

SRF News: Der deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel hat die Türkei abgemahnt. Mit deutlichen Worten signalisiert er, dass es mit der Geduld Deutschlands vorbei sei. Wie schätzen Sie diese Strategie Berlins ein?

Adrian Arnold: Es ist ein neuer Kurs in der deutschen Türkei-Politik. Im Umgang mit Präsident Erdogan setzt Berlin jetzt auf Schärfe und Klarheit. Noch bedeutender ist, dass die deutsche Regierung erstmals nicht mehr bloss mit Diplomatie, sondern mit konkreten Gegenmassnahmen reagiert.

Ist man sich in der deutschen Politik einig, dass man im Umgang mit der Türkei härter werden muss?

Ganz klar: Ja. Aussenminister Gabriel sagte heute mehrmals, dass die gesamte Bundesregierung inklusive Kanzlerin Angela Merkel übereinstimmend zum Schluss gekommen sei, die Türkei-Politik neu auszurichten. Grund dafür ist, dass gewisse deutsche Staatsbürger in der Türkei nicht mehr sicher sind und Angst vor Willkür haben müssen. Deshalb sah es die deutsche Regierung als ihre Pflicht an, jetzt klar und unmissverständlich auf die Vorfälle in der Türkei zu reagieren.

Auch das Zusammenleben zwischen Deutschen und Deutsch-Türken hier in Deutschland wird einer Belastungsprobe ausgesetzt sein.

Weshalb hat nicht Bundeskanzlerin Merkel der Türkei selber die Leviten gelesen?

In Deutschland ist es üblich, dass Abmahnungen sowie Sicherheits- und Reisewarnungen in der Hand des Auswärtigen Amts liegen.

Einer der prominentesten Gefangenen in der Türkei ist der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel. Deutsche Medien berichten nun, Erdogan habe Berlin dessen Freilassung angeboten, wenn Deutschland im Gegenzug ehemalige türkische Generäle ausliefere. Was weiss man über dieses Angebot?

Die «Bild»-Zeitung und andere deutsche Medien stützen sich dabei auf Aussagen von deutschen Diplomaten. Demnach soll es aus türkischen Regierungskreisen subtile Anspielungen für einen möglichen Austausch gegeben haben. In der Türkei inhaftierte Deutsche für türkische Generäle, die in Deutschland Asyl beantragt haben: Das hat hier für grösste Empörung gesorgt. Eine solche Art von Geiselhaft ist in keiner Weise mit der Vorstellung von deutscher und europäischer Rechtsstaatlichkeit zu vereinbaren.

Die Fronten sind verhärtet – was heisst das für die nächsten Monate?

Die deutsch-türkischen Beziehungen stehen vor einer grossen Zerreissprobe. Die nächsten Monate dürften von grosser Verunsicherung geprägt sein – etwa für deutsche Staatsbürger und Unternehmen in der Türkei. Vergessen darf man ebenfalls nicht, dass das Zusammenleben zwischen Deutschen und Deutsch-Türken dieser Belastungsprobe ausgesetzt sein wird. Man muss jetzt hoffen, dass der neue Kurs der deutschen Regierung gegenüber Ankara nicht zu einer Eskalation führt, sondern zu einer Beruhigung – wie sich das Berlin erhofft.

Das Gespräch führte Nicoletta Cimmino.

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