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Deutschland hat gewählt Wenn der soziale Frieden in Gefahr ist

Deutschland ist längst zum Einwanderungsland geworden. Über 15 Millionen Menschen leben dort mit Migrationshintergrund. Trotz massiver Anstrengungen gelingt die Integration vieler Zugewanderter nicht. Oft fehlt ihnen die Qualifikation für den deutschen Arbeitsmarkt.

Hüseyn Topsir ist 22 Jahre alt und lebt in Duisburg. Der Türke träumt von einer gesicherten Zukunft: «Ich möchte einen guten Arbeitsplatz. Wenn möglich eine hohe Position, gut Geld verdienen, vielleicht heiraten.» Zurzeit macht er eine Lehre bei der Stadtverwaltung. Er ist damit einer der wenigen jungen Menschen mit Migrationshintergrund, die sich für diesen Weg entschieden haben. Dabei könnte die Stadt im westlichen Ruhrgebiet dringend solche Leute gebrauchen, ist doch ein Drittel der Bevölkerung zugewandert und die türkische Gemeinde die grösste.

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Serie Bundestagswahl: Herausforderung «Multikulturalismus»
aus Rendez-vous vom 19.08.2013. Bild: ZVG
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 16 Sekunden.

Rolf Reisinger von der städtischen Personalabteilung stellt fest: «Wir müssen reagieren. Wir werden irgendwann an Kapazitätsgrenzen kommen – auch was Intellekt und Interkulturalität betrifft.» Als Brückenbauer zwischen den Kulturen und als qualifizierte Facharbeiter brauche es eindeutig mehr Ausländer.

Dass Duisburg bei der Suche scheitere, liege wohl auch an den Migranten selber, vermutet Hüseyn Topsir: «Manchen fällt es ziemlich schwer, sich der deutschen Kultur anzupassen.»

Soziale Brennpunke

Im Stadtteil Duisburg-Hochfeld hat jeder zweite Mensch Migrationshintergrund und viele andere möchten eigentlich gar nicht da wohnen. Dazu gehört der ehemalige Mathematik-Lehrer Theodor van de Möther. Der Diabeteskranke sucht seit längeren erfolglos nach einer neuen Bleibe und beklagt sich über die Zustände im Quartier.

Ein Fünftel Ausländer

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In Deutschland besteht die Bevölkerung zu einem Fünftel aus Menschen mit Migrationshintergrund. Die Zuwanderung wird zur Belastung für den sozialen Frieden, gerade auch in den Städten in Nordrhein-Westfalen, die einen besonders hohen Ausländeranteil haben. Zum Beispiel in Duisburg.

«Man muss hier einmal die Atmosphäre nachts erlebt haben. Ewig Schlägereien, Überfälle… Man hat immer mehr Leute zuziehen lassen.» Dazu komme die Prostitution, die vor allem von den Bulgaren organisiert werde, berichtet van de Möther.

Die Türken sind seit drei Generationen da. Fikret Dama hat mit nichts begonnen. Jetzt betreibt er einen Döner- Imbiss: «Das Geschäft läuft gut. Ohne ausländische Bürger würde diese Strasse sterben.» Früher sei es schöne gewesen, meint sein Kollege. Neben dem Geschäft floriere eben auch die Kriminalität.

Die Armutseinwanderung aus Bulgarien und Rumänien ist in Duisburg eine Belastung. Die Migranten leben teilweise verwahrlost in Häusern, die mit dem riesigen Verlust von Industriearbeitsplätzen leer stehen und zerfallen.

Hoher Ausländeranteil sorgt für Unmut

Auch im Stadtzentrum sorgt der hohe Ausländeranteil für Gesprächsstoff: «Wir haben einfach zu viele Ausländer. Das ist für die Duisburger eine Zumutung. Die meisten denken so, auch wenn sie sich nicht trauen, das so auszusprechen», sagt eine Passantin.

Ein Bauarbeiter bei der Arbeit.
Legende: Viele Ausländer haben keine genügende Qualifikation, um in Deutschland Arbeit zu finden. Keystone

Der Appell geht an die Politik. Zum Beispiel an Guntram Schneider: Der Integrationsminister schätzt das Rumänische – vor allem die Küche: «Meine Lieblingssuppe ist die Pansensuppe. Und da gibt es sehr viele gute Rezepte.»

Beim Umgang mit den vielen Migranten fehlen jedoch die neuen Ideen. Die zunehmende Fremdenfeindlichkeit macht Schneider Sorgen: «Die Integration dieser Armutsflüchtlinge ist eine grosse Herausforderung. Wir müssen über politische Entscheidungen und mit Fördermassnahmen dafür sorgen, dass der soziale Frieden nicht gefährdet wird.»

Integration kostet Zeit und Geld

Erst recht, wenn ab dem neuen Jahr der freie Zugang zum EU-weiten Arbeitsmarkt auch für Bulgarien und Rumänien gilt. Dann kommen noch mehr Armutsmigranten: Und die werden bleiben. «Wir haben keine Mehrheitsgesellschaft mehr. Sie fächert sich immer mehr in Minderheiten auf. Deshalb müssen wir diese Gruppe qualifizieren», erklärt Schneider. Deutschland müsse sich mit dem Multikulturalismus arrangieren – für eine bessere Integration.

Eine grosse und teure Aufgabe für die arme Stadt Duisburg. Die braucht Geld und Geduld. Fikret Dama mit seinem Dönerstand weiss das nur zu gut: «Wir zahlen Steuern. Jetzt kommen Bulgaren und Rumänen. Sie brauchen ungefähr 20 Jahre, dann werden sie voll integriert sein. Das braucht Zeit.»

basn;brut

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