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Ex-Pfleger soll Dutzende Menschen auf dem Gewissen haben
Aus Tagesschau vom 28.08.2017.
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Mordserie in Deutschland Ehemaliger Pfleger könnte bis zu 90 Patienten getötet haben

  • Ein in Deutschland verurteilter Patientenmörder soll 84 weitere Menschenleben auf dem Gewissen haben.
  • Der heute 40 Jahre alte ehemalige Pfleger verbüsst bereits eine lebenslange Haftstrafe für sechs Taten.
  • Würde er für neue Taten für schuldig befunden, wäre es eine der grössten Mordserien in der deutschen Kriminalgeschichte.

Der heute 40-jährige, bereits wegen Patientenmords verurteilte Mann soll mindestens 84 weitere Menschen an den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst in Niedersachsen umgebracht haben. Das ist das Ergebnis fast dreijähriger Ermittlungen, die Polizei und Staatsanwaltschaft in Oldenburg vorstellten.

Wegen sechs Taten sitzt der Ex-Pfleger bereits lebenslang in Haft. Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres will die Staatsanwaltschaft erneut Anklage erheben.

Der Mann hatte gestanden, Patienten eine Überdosis von Medikamenten gespritzt zu haben, um sie anschliessend wiederbeleben zu können. Damit wollte er sich vor Kollegen als heldenhafter Retter beweisen.

Ermittler wurden fündig

Mehr als 130 frühere Patienten der beiden Kliniken liess die eigens dafür eingerichtete Sonderkommission (Soko) der Polizei in den vergangenen drei Jahren ausgraben und auf Rückstände von Medikamenten testen. «Die Erkenntnisse, die wir dabei gewinnen konnten, erschrecken noch immer – ja, sie sprengen jegliche Vorstellungskraft», sagte Oldenburgs Polizeipräsident Johann Kühme.

Bei 48 Patienten in Delmenhorst und 36 in Oldenburg wurden die Ermittler fündig. Bei 41 Toten stehen die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung noch aus. Die tatsächliche Zahl der Verbrechen des Mannes liege aber um ein Vielfaches höher, sagte Soko-Leiter Arne Schmidt.

Mann hat Taten eingeräumt

«Die Morde, die wir belegen können, sind nur die Spitze des Eisberges.» Allein am Klinikum Delmenhorst seien mehr als 130 Patienten, die während einer Schicht des 40-Jährigen starben, eingeäschert worden. Ein Nachweis sei bei ihnen nicht mehr möglich. Die Polizei löst die Sonderkommission jetzt auf, die Ermittlungen laufen aber weiter.

In Verhören im Gefängnis hat der Mann die Taten in Delmenhorst und Oldenburg eingeräumt. Offen bleibe, ob er im vollen Umfang geständig sei und ob er sich überhaupt an alle Taten erinnern könne, sagte Schmidt.

So bestreite der ehemalige Pfleger, dass er auch Patienten an anderen Arbeitsstätten – als Rettungssanitäter und als Pfleger in Altenheimen – eine Überdosis Medikamente gespritzt habe. Diesen Verdacht würden aber Zeugenaussagen nahelegen. Die Patienten starben in diesen Fällen nicht.

Morde hätten verhindert werden können

Fest steht nach Ansicht der Ermittler, dass ein grosser Teil der Morde hätte verhindert werden können. Schon am Klinikum Oldenburg gab es eine Statistik, die zeigte, dass während der Schicht des Mannes die Sterberate und die Zahl der Reanimationen stieg.

Diese Statistik sei auch der damaligen Geschäftsführung bekannt gewesen, sagte Schmidt. Wären die Verantwortlichen damals schon zur Polizei gegangen, wäre es zu den Morden an der späteren Arbeitsstelle in Delmenhorst nicht gekommen, betonte Schmidt. Stattdessen trennte sich das Klinikum Oldenburg von dem verdächtigen Pfleger und stellte ihm sogar ein gutes Arbeitszeugnis aus. Eine Warnung an das Klinikum Delmenhorst blieb aus.

Tätern würde es zu leicht gemacht

Auch am Klinikum Delmenhorst gab es bald Gerüchte, weil auffällig viele Patienten während seiner Schicht starben. Später lagen auch handfeste Beweise vor: Zwei frühere Oberärzte und der Stationsleiter werden deshalb wegen Totschlags durch Unterlassen vor Gericht stehen. Die Ermittlungen gegen Verantwortliche am Klinikum Oldenburg laufen noch.

Von einem grossen Versagen sprach die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Tätern würde es in Krankenhäusern und Pflegeheimen immer noch zu leicht gemacht, teilte Vorstand Eugen Brysch mit. «In vielen der bundesweit 2000 Krankenhäusern wurden die Kontrollmechanismen nicht verschärft. So fehlt für die meisten Kliniken weiterhin ein anonymes Meldesystem.»

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