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Fichenaffaire in Deutschland?
Aus Rendez-vous vom 30.08.2017. Bild: Reuters
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Falsche BKA-Datensätze Erlebt Deutschland seinen Fichenskandal?

Die ARD berichtet, dass das Bundeskriminalamt, das BKA, rechtswidrig Informationen über Bürger gesammelt hat. Die Einträge in der Datenbank sind zu einem grossen Teil falsch. Zur Sicherheit Deutschlands haben sie sicher nicht beigetragen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim deutschen Bundeskriminalamt wurden in Datensätzen falsche Eintragungen über Bürger festgestellt.
  • Die Personen werden darin bezichtigt, Taten begangenen zu haben, für die sie nicht gerichtlich belangt wurden. Ohne konkrete Begründung, warum von dieser Person weitere Straftaten zu erwarten sind, ist die Speicherung solcher Daten in Deutschland verfassungswidrig.
  • Für die Terrorbekämpfung ist die Sammelwut eher hinderlich, finden Experten.

Die Geschichte wurde bekannt, weil mehreren Journalisten die Akkreditierung für den fast schon vergessenen G20 Gipfel in Hamburg verweigert wurde, und zwar ohne nachvollziehbare Begründung.

Einer von ihnen war der Fotograf Björn Kietzmann. Sein polizeiliches Leumundszeugnis von 2015 ist ohne Einträge. Aber der Datenauszug des Bundeskriminalamts (BKA), den er unlängst erhalten hat, enthält 18 Einträge, darunter Zitat «Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion» unter der Kategorie «politisch motivierte Kriminalität».

Falscher Eintrag beim BKA

Die ARD hat seinen Fall recherchiert und schreibt: Kietzmann habe an einer Demonstration als Fotograf Aufnahmen gemacht, als in seiner Nähe ein Feuerwerkskörper explodierte. Die Polizei hielt ihn für den Täter, liess ihn aber wieder frei.

Ähnlich falsch oder irreführend seien auch die übrigen gespeicherten Delikte, die bis ins Jahr 2002 zurückreichten, hält die ARD auf ihrer Homepage fest. Die einzige Verurteilung des Fotografen zu einer Geldstrafe stamme aus dem Jahr 2003 wegen Teilnahme an einem gewalttätigen Studentenprotest.

Rechtswidrige Einträge?

Zwar erlaubt das geltende Gesetz für das deutsche Bundeskriminalamt auch die Speicherung von Ermittlungen, die nicht zu einer Verurteilung vor Gericht geführt haben. Allerdings muss in jedem Fall konkret begründet werden, warum von dieser Person auch in Zukunft Straftaten zu erwarten sind und warum die Speicherung früherer Ermittlungen deshalb wichtig sind. Nur dann ist die Speicherung verfassungsrechtlich zulässig.

Björn Kietzmann sei kein Einzelfall, schreibt die ARD. Der frühere Bundesbeauftragte für Staatsschutz, Peter Schaar, habe schon 2012 in der Datenbank der politisch motivierten Kriminellen zahlreiche Rechtsverstösse festgestellt, worauf das Bundeskriminalamt 90 Prozent der Einträge habe löschen lassen.

Mehr Einträge als Delikte

In der Datei «innere Sicherheit» des Bundesinnenministeriums seien 110'000 Personen und über eine Million Datensätze zu Delikten gespeichert, ein Vielfaches der laut offizieller Kriminalstatistik begangenen Delikte.

Schaar kritisierte gegenüber der ARD, dass die Masse der Daten die Ermittlungen der Polizei nicht unbedingt erleichtere. Er verweist auf den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016, als die Sicherheitsbehörden trotz einer Vielzahl von alarmierenden Informationen, dem Attentäter nicht rechtzeitig auf die Spur kamen.

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