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International «Es ist die umfassendste Gehirnwäsche, die es jemals gegeben hat»

Bis heute verschweigt die chinesische Regierung das Massaker an der eigenen Bevölkerung vom 4. Juni 1989 in Peking. Mehr noch: Sie versucht es aus dem Bewusstsein der Bevölkerung zu tilgen – durchaus mit Erfolg, wie unser Asienkorrespondent weiss.

SRF: Abgesehen von den Chinesen in Hongkong – was weiss Chinas Jugend heute von den Ereignissen 1989 in Peking?

Tiananmen-Massaker – darum geht es

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Als Tiananmen-Massaker wird die gewaltsame Niederschlagung eines Volksaufstandes durch die chinesische Armee am 4. Juni 1989 bezeichnet. Studierende hatten vorab wochenlang in Peking für mehr Demokratie demonstriert. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden damals Hunderte oder sogar Tausende von unbewaffneten Demonstrantinnen und Demonstranten getötet oder verletzt.

Urs Morf: Sie wissen buchstäblich nichts. Es ist das Resultat der vermutlich umfassendsten Gehirnwäsche, die es weltweit je gegeben hat. Mehr als 99 Prozent der Chinesen, die damals noch klein waren oder nach dem 4. Juni 1989 geboren wurden, haben weder eine Ahnung, was an diesem Tag geschehen ist, noch dass überhaupt etwas geschehen ist. Im chinesischen Internet findet man keinerlei Hinweise auf dieses Massaker. Es wurden alle Informationen dazu gesperrt.

Wenn es um die Aufarbeitung der Ereignisse geht, verweist die Regierung auf ihre Stellungnahme. Was steht denn da drin?

Dass die Partei und die Regierung damals korrekt mit den Unruhen umgegangen seien, entschiedene Massnahmen ergriffen und die langfristige Stabilität Chinas gesichert hätten. China hat sich schon vor Langem zu den politischen Wirren der 1980er-Jahre klar geäussert: Die grossen Errungenschaften der letzten 30 Jahre, die Reform und Öffnung gebracht hätten, würden beweisen, dass der von der chinesischen Führung eingeschlagene Weg der absolut richtige sei.

Bisher gab es also keine Aufarbeitung des Massakers. Was würde es denn brauchen, damit China das in Angriff nimmt?

Urs Morf

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Urs Morf war von 2008 bis 2015 vollamtlicher SRF-Korrespondent für Ostasien. Davor war er lange Jahre für die «Neue Zürcher Zeitung» tätig und berichtete anfangs aus China und später aus der gesamten Region Ostasien. Morf lebt in Bangkok.

Entweder ein radikales Umdenken in der Partei, was nicht ganz ausgeschlossen ist. Aber das geschieht sicher nicht in den nächsten paar Jahren. Im Moment sind Leute an der Macht, die einen harten Kurs verfolgen. Aber 1989 war die Partei selber tief gespalten. Es gab damals einen starken Reformflügel, der über die wirtschaftlichen Reformen hinaus auch politische Änderungen wollte. Diese Leute gibt es immer noch, aber sie sind in der Minderheit. Oder es bräuchte einen Machtwechsel. Aber ich glaube nicht daran, dass die regierende Kommunistische Partei die Macht verliert. Dafür sitzt sie zu stark im Sattel.

Denken Sie, dass vielleicht im Laufe der Zeit irgendwann ein Wechsel möglich ist?

Ja, das ist möglich. Das undemokratische Verhältnis bringt auch immer wieder Probleme. Man sieht das bei der aktuellen Führung. Die ist seit fast drei Jahren dabei, eine gigantische Antikorruptions-Kampagne durchzuziehen, von der sie aber wissen muss, dass sie zum Scheitern verurteilt ist. Solange die Partei die Allmacht hat und sich selbst kontrolliert, wird das immer neue Korruption hervorrufen. Es bräuchte wirkliche, politische Reformen.

In Hongkong demonstrieren die Leute jedes Jahr am 4. Juni. Ist das eher eine Gedenkveranstaltung oder ein Protestmarsch gegen China?

dsdf
aus HeuteMorgen vom 04.06.2015.

Es ist beides. Das wird dieses Jahr noch akzentuierter. Jedes Jahr demonstrieren Zehntausende. Letztes Jahr waren es 180‘000 Leute. Dieses Jahr dürften es aus aktuellem Anlass sogar noch mehr werden. Letzten Sommer gab es die Occupy-Bewegung, eine Hongkonger-Demokratie-Bewegung, die sich gegen eine Mogelpackung von politischen Reformen wehrte. Diese Bewegung ist auch unterdrückt worden, zum Glück viel weniger blutig, als die auf dem Festland. Bei dieser Bewegung sind Abertausende von Leuten neu politisiert worden. Die werden am diesjährigen Gedenktag sicher auch teilnehmen.

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