International - Hoffnung ruht auf Schweizer Vetrauensbonus
Die OSZE bringt sich als Vermittlerin zwischen Regierung und Opposition in der Ukraine ins Spiel. Aussenminister Didier Burkhalter hat als Vorsitzender bereits erste Anläufe unternommen. Doch Russland betrachtet die Organisation als zu westeuropäisch, sprich zu parteiisch für die Vermittlerrolle.
Die Aussenminister von Deutschland, Frankreich und Polen sind heute in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist, um zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und der Opposition zu vermitteln. Auch die OSZE, die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit in Europa, hat sich als Vermittlerin angeboten. Vorsitzender der OSZE ist in diesem Jahr der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter.
Die OSZE hat die Friedenssicherung zum Ziel. Doch kann die Organisation im Konflikt in der Ukraine überhaupt etwas ausrichten? Professor Laurent Goetschel ist zuversichtlich: «Die OSZE ist eine Organisation, die von ihrer Geschichte her auf Vertrauensbildung ausgerichtet ist.» Osteuropäische Staaten hätten von Anfang an eine gleich wichtige Rolle wie die westlichen Staaten gespielt. «Von dem her ist sie als Rahmen sicher geeignet.»
Kein Verständnis für Kritik Russlands
Trotzdem kritisiert Russland immer wieder die mangelnde Unabhängigkeit der OSZE. Goetschel kann diese Haltung nicht nachvollziehen. «Die OSZE ist eine Organisation, in der alle Staaten ihr Wort zu sagen haben.» Sie könnten so zwar vieles blockieren. Doch: «Das Gegenstück im positiven Sinne ist, dass alle Staaten das Gefühl haben sollten, in dieser Organisation für voll genommen zu werden.»
Laut dem Friedensforscher müsste die OSZE nicht nur versuchen, Russland ins Boot zu holen. Wichtig sei auch, dass nebst Russland auch die EU der OSZE eine konstruktive Rolle in dem Konflikt zutraut. «Und dann müsste die Organisation natürlich innerhalb der Ukraine die verschiedenen Parteien an einen Tisch bringen können.»
Dass sich mehrere Akteure für eine Beilegung des Konflikts einsetzen, könnte sinnvoll sein, so Goetschel. «Die EU spielt eine ganz andere Rolle als die OSZE im Verhältnis zur Ukraine. Die Ukraine gehört der EU nicht an. Russland auch nicht.» Die EU habe bestimmte Interessen in Bezug auf die Ukraine. Und: «Sie hat mehr Machtmittel zur Verfügung, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht.» Das gebe ihr einen gewissen Handlungsspielraum.
Im Hinblick auf eine Vermittlerrolle sei Geld allein aber nicht immer nur ein Vorteil, gibt er zu bedenken. «Sicher kann die EU auch versuchen, zu vermitteln. Aber sie hat eine ganz andere Ausgangslage als die OSZE.» Kommt hinzu, dass dieses Jahr die Schweiz den OSZE-Vorsitz innehat. «In diesem speziellen Fall könnte das durchaus interessant sein», sagt Goetschel. «Nicht nur, weil die Schweiz nicht EU-Mitglied ist, sondern auch weil sie keine der grossen Mächte in diesem Umfeld darstellt.» Die Schweiz könnte somit vielleicht über einen grösseren Vertrauensbonus verfügen.
Krise in der Ukraine
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Kiew, 22.2.: «Kämpft bis zum Ende!» – Oppositionsführerin Timoschenko richtete einen fllammenden Appell an die Ukrainer.
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Kiew, 22.2.: Die emotionale Rede von Timoschenko rührte viele Menschen auf dem Maidan-Platz zu Tränen.
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Kiew, 22.2.: Freuden-Feuerwerk über dem Maidan: Der Machtwechsel ist errreicht.
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Kiew, 22.2.: Jubel im Parlament: Die Abgeordneten haben Präsident Janukowitsch abgesetzt (ganz rechts: Vitali Kilitschko).
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Kiew, 22.2.: Die Regierungsgegner haben in Kiew die Oberhand gewonnen. Das zuvor unbewachte Parlamentsgebäude ist in ihrer Gewalt, wie dieses Bild zeigt.
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Kiew, 22.2.: Ein einziger Farbklecks in dieser grauen, trostlosen Einöde des Konflikts: eine rote Rose.
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Kiew, 22.2.: Ist tatsächlich schon «peace», also Ruhe, in Kiew eingekehrt, wie dieser Aktivist zu glauben scheint?
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Kiew, 22.2.: Dieser Aktivist ist deutlich gezeichnet vom Konflikt zwischen Regierungsgegnern und Polizei. Inzwischen haben sich beide Seiten geeinigt.
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21.02.: Zwei erbitterte Gegner reichen sich die Hand: Der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko (links) und Präsident Viktor Janukowitsch (rechts). Hinter ihnen in der Mitte: der deutsche Aussenminister Steinmeier, der den nun erzielten Kompromiss mit vermittelt hatte.
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21.02.: Ist das die Wende zum Guten? Viktor Janukowitsch, Vitali Klitschko (2.v.l.), Vertreter der Opposition und der deutsche Aussenminister Steinmeier (l.) unterzeichnen am Nachmittag ein Abkommen. Demnach soll ein neues «Kabinett des nationalen Vertrauens» gebildet werden sowie eine baldige Abstimmung über den Staatschef stattfinden.
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Kiew, 21.2.: Noch in der Nacht war nicht absehbar, dass die Ereignisse diese Wendung nehmen würden. Vermummte Aktivisten formieren sich vor einem Bus, in dem sich gefangen genommene Polizisten befinden. Sie werden später freigelassen.
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Kiew, 21.2.: Am Morgen dann lieferten sich Aktivisten und Polizei erneut Feuergefechte. Auf dem Maidan selbst herrscht derweil überraschend Ruhe. Die Kämpfer konnten für einmal ohne Gefahr ruhen.
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21.02: Später dann verwandelte sich der Maidan immer mehr zum Volksfestgelände. Eigentlich ein Wunder, wenn man bedenkt, wie viele Menschen keine 24 Stunden zuvor hier noch getötet worden waren.
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21.02.: Dieser Kämpfer liess sich sogar auf der Barrikade zeichnen – als hätte es den Wahnsinn des Tages zuvor gar nicht gegeben.
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21.02.: Doch auch besinnliche Momente gab es in dem bunten Trubel. Hier beten Bewohner der Hauptstadt für den Frieden im Land und die Opfer der bisherigen Kämpfe. Über 70 Menschenleben forderten die Auseinandersetzungen bisher.
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20.02.: Regierungsgegner verbrennen Autoreifen. Der Rauch soll die Sicht der Scharfschützen auf die Protestierenden erschweren.
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20.02.: Die Auseinandersetzungen in der Ukraine werden schärfer. Dieses blutverschmierte Schutzschild hat in der Mitte ein Einschussloch. Das Blut stammt von seinem Kameraden, der ums Leben kam.
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20.02.: Trotz vereinbarter Waffenruhe gehen die Zusammenstösse weiter, Menschen werden getötet und verletzt.
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20.02.: Ein orthodoxer Priester betet für die jüngsten Opfer des Konflikts. Augenzeugen sprechen von zehn bis zwölf Toten, die in die Lobby des Hotels Ukraine gebracht wurden.
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20.02.: Ein Bild wie aus einem Kriegsgebiet, der Unabhängigkeitsplatz in Kiew.
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19.02.: Pflastersteine dienen als «Munition» gegen die Sicherheitskräfte.
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19.02.: Einige gewaltbereite Regierungsgegner bereiten Molotow-Cocktails vor.
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Laurent Goetschel
Der Professor für Politikwissenschaft lehrt an der Universität Basel und ist Direktor der Schweizerischen Friedensstiftung Swisspeace in Bern. Zu seinen Schwerpunkten gehören die Friedens- und Konfliktforschung sowie die europäische Integration.