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Der Hund auf dem Teller Hundesuppe und Olympia – das passt schlecht

Tierschützer hoffen auf die Winterspiele in Südkorea. Denn noch sorgen 17'000 Zuchtbetriebe für Nachschub in den Töpfen.

Zweieinhalb bis drei Millionen Hunde verspeisen Südkoreanerinnen und –koreaner noch jedes Jahr. Unvorstellbar für Menschen im Westen, wo sich der kulturelle Status des Vierbeiners längst vom Nutz- zum Haustier und Familienmitglied gewandelt hat. Auf der ostasiatischen Halbinsel dagegen hält sich die Tradition des Hundes als Nahrungsquelle hartnäckig. Geschätzte 17‘000 Zuchtbetriebe zeugen davon.

Ein kurzer Lichtblick an früheren Spielen

Dabei gab es einen Lichtblick vor bald 30 Jahren, als die Regierung während der Olympischen Sommerspiele in Seoul den Verzehr von Hunden aus Furcht vor negativer Presse verbot. Das Gesetz entfiel, als die internationalen Journalisten wieder abgereist waren.

Ein Jahr vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang hoffen Tierschützer nun auf ein nachhaltigeres Umdenken. Dazu gehören die Aktivisten der «Humane Society International», die südkoreanischen Hundezüchter eine entschädigt, wenn sie ihre Farm aufgeben.

Unhaltbare Zustände auf Mastbetrieben

Dutzende Käfige stehen dicht nebeneinandergereiht. Nur eine hellblaue Plastikplane schützt sie vor Sonne und Regen. In jedem der rostigen Gehege toben mehrere Hunde. Die meisten drehen sich unablässig im Kreis. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Ein beissender Gestank liegt in der Luft. Rund 200 Hunde leben hier auf diesem Betrieb am Stadtrand von Wonju, zwei Autostunden östlich von Seoul.

Die Besitzerin wohnt nur wenige Meter neben den Tierkäfigen in einer ärmlichen Hütte. Sie erscheint mit Gesichtsschutz und tief in die Augen gezogener Schirmmütze. Ihre Identität möchte sie nicht preisgeben. Aus Scham, wie sie sagt. Seit über 30 Jahren betreibe sie nun schon diese Hundezucht. Das Geschäft laufe zwar mässig, doch für die Familie habe es stets gereicht. Mittlerweile könne sie jedoch die körperlichen Arbeit kaum mehr stemmen. Schon länger spiele sie daher mit dem Gedanken, den Betrieb aufzugeben.

Rettung für wenige Tiere

Zehn Tierschützer der «Humane Society International» sind an diesem bitterkalten Vormittag nach Wonju gekommen. Sie laden die Hunde in kleine Plastikboxen und stapeln sie auf die Ladefläche eines Lastwagens. Dieser fährt sie dann zum Seouler Flughafen Incheon. Statt in Kochtöpfen zu landen, werden die Hunde in den USA und Grossbritannien ein neues Zuhause finden. In Südkorea, so sagen die Tierschützer, hätten die Tiere schlechte Chancen, adoptiert zu werden.

Leiter der Aktion ist Andrew Plumbly aus Kanada. Sechs Zuchtbetriebe hat der Tierschützer bereits geschlossen. Ein Tropfen auf den heissen Stein. «Manche Betriebe halten nur 20 Hunde, andere über tausend», berichtet er. Um eine nachhaltige Veränderung herbeizuführen, setzten die Tierschützer auf medialen Druck. Dabei sollen ihnen die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang helfen.

Manche Betriebe halten bis zu tausend Hunde.
Autor: Andrew Plumbly Kanadischer Aktivist von «Humane Society International»

Hundesuppe «Bo-shin-tang»

1988 war dieser Plan schon einmal aufgegangen. Der 87-jährige Restaurantbesitzer Park Yong-Ja erinnert sich noch gut an die Sommerspiele in Seoul. Doch war das Sportereignis für ihn alles andere als ein Grund zur Freude. Ein ganzes Jahr lang musste er sein Hunderestaurant in der Seouler Innenstadt schliessen.

Sein kleines Lokal ist weit und breit das letzte alte Gebäude zwischen den riesigen Bürotürmen. Seit fast 60 Jahren bereitet Park Yong-Ja hier «Bo-shin-tang» zu, eine feurig scharfe Hundefleischsuppe. Das jahrhundertealte Gericht sei nich nur schmackhaft, sondern auch überaus gesund, sagt er stolz. Und er erinnert sich an seinen Dienst bei den Truppen der Vereinten Nationen im Koreakrieg, als es über Nacht nur noch westliches Essen gegeben habe. Auf Ratschlag von Freunden habe er damals seine Darmentzündung mit Hundefleisch kuriert: «Heute bin ich fast 90 und immer noch wohlauf.»

Die Jungen denken um

Mittlerweile betreibt Park Yong-Ja sein Restaurant noch aus Leidenschaft. Profit macht er damit längst keinen mehr. Es kommen schlicht immer weniger Gäste. Das liegt vor allem an der Jugend des Landes. Unter den 20-bis 30-Jährigen isst nur noch jeder Fünfte Hundefleisch. Auch die 23-jährige Politik-Studentin Yang-Ye hat mit der Tradition gebrochen.

«Ich bin schon von klein auf mit einem Hund als Haustier aufgewachsen. Unter meinen Freunden isst niemand mehr Hundefleisch», sagt sie. Im Gegensatz jedoch zu ihren Eltern und Grosseltern. Yang-Ye hat dafür aber Verständnis. Hundefleisch sei im ehemals bitterarmen Korea die einzige Möglichkeit gewesen, überhaupt an Fleisch zu gelangen.

Ausländer sollten uns nicht für die Tatsache kritisieren, dass wir Hundefleisch essen, sondern die Haltungsbedingungen der Zuchthunde.
Autor: Yang-Ye Studentin

Vermutlich also werden sich die Koreaner den Brauch des Hundefleisch-Verzehrs vorerst nicht nehmen lassen. So sehr internationale Grossanlässe den Druck auch erhöhen werden. Die wohl grösste Bedrohung für die kommerzielle Hundezucht-Industrie in Südkorea ist die eigene Jugend.

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