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Syrien-Gespräche in Genf «Kritik an de Misturas Alibi-Rolle wächst»

Nur wenn die USA und Russland jetzt kooperieren, habe der Friedensvermittler eine Chance, sagt Experte Andreas Zumach.

  • Heute beginnt in Genf eine neue Runde der Syrien-Friedensgespräche. Für den UNO-Sondergesandten Staffan de Mistura ist es bereits der siebte Versuch.
  • Ein kleiner Hoffnungsschimmer beim neuen Anlauf für eine politische Lösung ist die von den USA und Russland für den Südwesten Syriens ausgehandelte Waffenruhe.
  • Ein direktes Treffen der Konfliktparteien in Genf sei aber weiterhin nicht realistisch, sagt der Journalist Andreas Zumach.

SRF News: Am Wochenende gaben die USA und Russland bekannt, sie hätten für den Südwesten Syriens eine Waffenruhe ausgehandelt. Ist das ein gutes Zeichen?

Andreas Zumach: Es ist zumindest atmosphärisch ein besseres Zeichen als bei den letzten gescheiterten Gesprächsrunden, wo es noch nicht einmal eine solche Waffenruhe gab. Wenn sie in den nächsten Tagen hält, verbessert das die Rahmenbedingungen. Allerdings wissen alle Beteiligten, dass wesentliche Details dieser Waffenruhe vor allem in der Umsetzung noch umstritten sind. Deshalb ist die Skepsis gross.

Wie wichtig ist es für die Friedensgespräche, dass Russland und die USA bei der Waffenruhe Einigkeit demonstriert haben?

Das ist wahrscheinlich das noch wichtigere Zeichen als die Waffenruhe selber. Denn erstmals seit Amtsantritt der Trump-Administration beteiligen sich die USA überhaupt wieder an diplomatischen Bemühungen zur Lösung des Syrienkonfliktes. Wenn die Demonstration von Trump und Putin also keine Eintagsfliege war und eine Kooperation entsteht, wird die Waffenruhe vielleicht aufs ganze Land ausgedehnt. Das würde die Rahmenbedingungen für politische Gespräche verbessern wie nie zuvor in den letzten 18 Monaten.

Ist jetzt also mit Fortschritten zu rechnen, nachdem es bisher keinerlei handfeste Resultate gab?

UNO-Vermittler Staffan de Mistura ist ein Meister der gedrechselten Wortgirlanden. Damit versucht er bei uns Journalisten immer wieder den Eindruck zu vermitteln, es gäbe irgendwo einen politischen Fortschritt. Doch auch er äusserte sich in den letzten Tagen eher skeptisch und warnte vor zu grossen Hoffnungen. Zugleich bekräftigte er die Vorbedingung, dass sich die Grossmächte USA und Russland endlich einigen und kooperativ zeigen müssten.

Video
Syrien-Gespräche in Genf
Aus Tagesschau vom 10.07.2017.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 11 Sekunden.

Bisher waren die Erwartungen ziemlich hoch. Auf der Agenda standen Punkte wie eine neue Verfassung oder eine Übergangsregierung. Ist man diesmal bescheidener?

Nein, das ist man nicht. Denn zu Verfassung und Übergangsregierung sind nun die Waffenruhe und als vierter Punkt die Bekämpfung von Terrorismus hinzugekommen. Die sind vorgegeben durch eine verbindliche Resolution des UNO-Sicherheitsrats vom Dezember 2015. An diesen Rahmen ist de Mistura gebunden. Man arbeitet parallel an allen vier Punkten in der Hoffnung, dass sie sich nicht gegenseitig blockieren. Skeptisch stimmt mich, dass die Zukunft von Präsident Assad immer im Raum steht und völlig umstritten ist.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es diesmal zu direkten Treffen der Parteien an einem Tisch kommt?

Das ist bisher nicht realistisch. De Mistura hat zu dieser Frage vor einigen Tagen bereits angedeutet, dass er eher wieder mit dem indirekten Format rechnet. Er findet das selber aber nicht so dramatisch und glaubt immer noch, er könne als Postbote zwischen den weit entfernt voneinander liegenden Räumen im Genfer UNO-Gebäude etwas erreichen. Wir müssen es abwarten.

Also keine grossen Erwartungen und Skepsis. Weshalb versucht man es trotzdem immer wieder?

Weil es keine Alternative gibt. Es ist ein verzweifeltes Festhalten am allerletzten Strohhalm, den mit Abstand konfliktreichsten und kompliziertesten Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg zu beenden und dann vielleicht eine politische Lösung zu finden. Zugleich wächst aber die Kritik, dass de Mistura eine Alibi-Rolle für die USA und Russland spielt. Diese betonen im UNO-Sicherheitsrat zwar immer, sie unterstützten den Vermittler, doch nach wie vor unterstützen sie die entgegengesetzten Konfliktparteien in Syrien. Mistura muss sich zunehmend fragen, wie lange er diese Rolle noch spielen will.

Das Gespräch führte Tina Herren.

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