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Nordirland-Konflikt Nordirische Selbstverwaltung auf Eis

Nationalisten und Pro-Briten können sich auf keine Regierung einigen. Nun übernimmt London de facto wieder das Ruder.

Darum geht es: In Nordirland verhandeln die katholisch-republikanische Sinn-Fein-Partei und die protestantischen Democratic Unionist Party (DUP) seit mehr als einem Jahr über die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Allerdings ist eine Einigung nach wie vor in weiter Ferne. Erst am Mittwoch scheiterte der neuste Versuch. Derzeit gebe es «keine Perspektiven» mehr, sagte die DUP-Vorsitzende Arlene Foster.

Deshalb sind die neusten Versuche gescheitert: Sinn Fein verlangt, dass das Gälische in Nordirland neben dem Englischen zur Amtssprache wird, was die DUP nicht will. «Doch das ist ein bisschen irreführend», sagt SRF-Korrespondent Martin Alioth. Schliesslich gebe es bloss rund 4000 Personen in Nordirland, die das Gälische als Hauptsprache verwenden. Deshalb sei die Sprachenfrage praktisch gesehen gar kein Problem.

Es geht um Grundsätzliches: Der Sinn Fein geht es im Grunde um die Identitätsfrage. «Wie irisch darf Nordirland werden, ohne dass die britische Identität der Protestanten bedroht ist?», benennt Alioth den Kern des Streits zwischen der nationalistischen Sinn Fein und der pro-britischen DUP. Offensichtlich sah letztere ihr Selbstverständnis durch die Aufwertung des Gälischen tatsächlich in Gefahr, deshalb ist eine Regierungsbildung abermals gescheitert.

Es gibt auch andere Differenzen: Neben dem Sprachenstreit sind sich Sinn Fein und DUP auch in Sachen Homo-Ehe und Brexit nicht einig. So möchte die Katholiken-Partei die gleichgeschlechtliche Ehe einführen, wogegen sich die DUP sträubt. Alles in Allem sei das Ganze allerdings ein Nullsummenspiel, sagt Alioth. Sowohl Katholiken wie Protestanten seien überzeugt, ein Vorteil für die andere Seite wäre unweigerlich ein Nachteil für die eigene. «Dieses Verständnis ist nicht so leicht aus der Welt zu schaffen», sagt Alioth.

Das sind die Konsequenzen: Nun muss die britische Regierung von Theresa May die dringenden Regierungsentscheidungen Nordirland betreffend fällen. Das heisst konkret: «Es gibt keine nordirische Selbstverwaltung. Die Nordiren haben keine eigene Stimme», stellt der Korrespondent fest. Dabei bleibe es letztlich Kosmetik, ob man dies als Anfang einer Rückkehr zur britischen Direktverwaltung Nordirlands bezeichne, oder abmildernd als vorübergehende Situation.

Die Protestanten im Vorteil: Bekanntlich braucht Mays konservative Partei die zehn Stimmen der DUP-Abgeordneten in London, um ihre Gesetze durchzubringen. Dadurch verfüge die protestantische Nordiren-Partei über direkten Einfluss auf die Entscheidungen der britischen Regierung. «Das ist natürlich einseitig», stellt Alioth fest.

Die Nordiren wehren sich: Die katholische Sinn Fein fordert nun, dass die irische Regierung in Dublin bei anstehenden Entscheidungen Nordirland betreffend gleichberechtigt mitbestimmen solle. «Doch das wird nicht geschehen», sagt der Korrespondent. Allerdings könnte Sinn Fein in London mehr Einfluss nehmen. Dazu müsste sie aber über ihren eigenen Schatten springen und ihre sieben Sitze, über die sie im britischen Unterhaus eigentlich verfügen würde, tatsächlich einnehmen. So könnte sie den Einfluss der DUP in London relativieren.

Dogmatische Weigerung

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Dass die Sinn Fein ihre Sitze im britischen Unterhaus nicht einnimmt, hat mit der historischen Ablehnung der britischen Herrschaft über Nordirland zu tun: Die Unterhaus-Abgeordneten müssten einen Treueeid auf die britische Königin schwören. Dessen weigert sich die nordirische Nationalisten-Partei. Doch angesichts der derzeit knappen Machtverhältnisse in London hätten es die sieben Sinn-Fein-Abgeordneten in der Hand, die politischen Geschicke nicht nur Nordirlands, sondern des ganzen Vereinigten Königreichs mitzubestimmen.

Audio
Martin Alioth: «Im Kern geht es um die Identitätsfrage»
aus SRF 4 News aktuell vom 15.02.2018.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 11 Sekunden.

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