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International NSU-Prozess: Hauptangeklagte Zschäpe unter Druck

Erst langsam wird klarer, wie die rechtsextreme Zwickauer Zelle Morde und Terroranschläge plante. Neues gab es diese Woche in München vor allem zur Rolle der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Der Mitangeklagte Holger G. belastet die heute 38-Jährige schwer. Diese schwieg auch nach 25 Prozesstagen.

Der NSU-Prozess am Oberlandesgericht München kommt nur langsam voran und steht nach 25 Verhandlungstagen noch am Anfang. Die einzige Hauptangeklagte Beate Zschäpe ist aber nach ersten Zeugeneinvernahmen unter Druck. Und zwar durch den mitangeklagten Holger G., der die Terrorzelle des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) mehrfach unterstützt haben soll.

Konkret es um Zeugenaussagen von Beamten der Kriminalpolizei und des Bundeskriminalamtes (BKA), die Holger G. bereits vor Jahren mehrmals verhört hatten. Sie gaben gestützt auf dessen Schilderungen zu Protokoll, Zschäpe habe die Finanzen der Terrorzelle kontrolliert.

Zschäpe ein gleichberechtigtes Mitglied?

Wenn das stimmt, hätte Zschäpe wohl auch die grossen Geldsummen gesehen, die von den mutmasslichen NSU-Mördern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bei Banküberfällen erbeutet worden waren. Die beiden «Uwes» hatten 2011 Selbstmord begangen.

Laut den Zeugen sagte Holger G. im Weiteren aus, er habe 2001 oder 2002 dem mitangeklagten Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben eine Waffe übergeben. Man sei zusammen nach Zwickau gefahren und dort von Zschäpe abgeholt worden. In der gemeinsamen Wohnung habe dann einer der beiden Uwes die Waffe vor ihren Augen durchgeladen. Holger G. habe Zschäpe als gleichberechtigt beschrieben. Er sei mit ihr und ihren Mitbewohnern drei Mal in den Ferien gewesen und habe sie sehr gut gekannt.

Warum ist Holger G. so kooperativ?

Die Verteidigung Zschäpes stellt allerdings die Glaubwürdigkeit von Holger G. in Frage. Sie sehen in ihm eine Art «Kronzeugen» der Anklage, der nun versuche, seine Rolle bei den NSU-Taten herunterzuspielen. Tatsächlich pflegte Holger G. engste Beziehungen zum Trio, besorgte auch Papiere für das Leben im Untergrund, darunter einen Fahrausweis und eine Krankenversicherungskarte.

Ins Visier nahmen Zschäpes Verteidiger von allem einen der BKA-Zeugen, der Holger G. zweimal befragt hatte. In einem Fall ohne Anwalt, wo dem Mandanten angeblich mit der Erweiterung der Anklage auf Beihilfe zu Mord gedroht wurde. Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer verwies zudem auf frühere Aussagen von Holger S, wonach Mundlos und Böhnhardt oben gestanden hätten. Entsprechend wäre Zschäpe nicht gleichberechtigtes Mitglied gewesen.

Zwei Tote und eine Schweigende

Zschäpe schweigt auf Rat ihrer Verteidiger und wird dies wahrscheinlich bis zum Ende des Verfahrens tun. Nach ihrer Verhaftung war sie aber offenbar unsicher und überlegte gelegentlich, ob sie nicht doch reden sollte. Um ihrer geliebten Grossmutter zu erklären, wie das alles gekommen ist. So jedenfalls drückte es der der BKA-Chefermittler in einer früheren Prozesswoche aus.

Das Gericht wird also mit dem grundsätzlichen Problem leben müssen, dass zwei Hauptbeschuldigte tot sind und die Hauptangeklagte nichts sagt.

Prozess wird Jahre dauern

Gedenktafel für Opfer des NSU-Terrors.
Legende: Einweihung der Gedenkstätte für die zehn Opfer des NSU-Terrors am 13. Juli 2013 in Dortmund. Keystone

Das Bild von der NSU und ihrem Terror hat in den ersten 25 Prozesstagen erst wenig an Kontur gewonnen: In der ersten Prozesswoche ging es um die fragwürdige Platzvergabe für die Medien. In der zweiten Woche richtete sich das Hauptinteresse auf die Opfer der NSU-Verbrechen.

Die Bundesanwaltschaft machte den zahlreichen Opferanwälten wie auch der Öffentlichkeit klar, dass in diesem Prozess nicht der gesamte nationalsozialistische Untergrund mit all den Verbindungen zur Neonazi-Szene aufgearbeitet werden kann.

Es vergingen also Wochen, bis man mit den ersten Zeugeneinvernahmen zur Sache kam. Der Prozess wird noch Jahre dauern. Immerhin haben die Angeklagten nun ein Gesicht bekommen.

brut; rufi

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