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Die SPD wählt eine neue Vorsitzende
Aus Tagesschau vom 22.04.2018.
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Parteitag der Sozialdemokraten Eine Frau will SPD-Geschichte schreiben

  • Erstmals in ihrer 155-jährigen Geschichte wählen die deutschen Sozialdemokraten heute eine Frau zur Vorsitzenden.
  • Zur Wahl stehen Andrea Nahles, Ex-Juso-Chefin und aktuelle Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion und Simone Lange, Oberbürgermeisterin der norddeutschen Stadt Flensburg.
  • Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik erst die zweite Kampfkandidatur bei einem SPD-Bundesparteitag.

Die deutschen Sozialdemokraten wählen heute Sonntag bei einem Sonderparteitag in Wiesbaden erstmals in ihrer 155-jährigen Parteigeschichte eine Frau zur Vorsitzenden. Nahles gilt als Favoritin.

Mit Spannung wird vor allem erwartet, wie Nahles bei den Delegierten abschneidet. In Parteikreisen wurde als Ziel für sie ein Wahlergebnis von 75 Prozent plus genannt. Führende Genossen warben erneut für Nahles und äusserten die Hoffnung auf ein Aufbruchssignal aus Wiesbaden für die versprochene Rundumerneuerung der Partei.

«Mit Professionalität und Leidenschaft»

Die SPD war bei der Bundestagswahl 2017 unter ihrem damaligen Parteichef Martin Schulz auf ein Tief von 20,5 Prozent der Stimmen gesackt. Durch die harten Debatten über eine Beteiligung an einer weiteren grossen Koalition gab und gibt es erhebliche Unruhe in der Partei. Nahles hat einen grossen Erneuerungsprozess angekündigt. Nun soll sie liefern.

Sie ist jedenfalls optimistisch, dass sie in das Amt gewählt wird, sagte sie im Interview mit SRF-Korrespondent Adrian Arnold. Dann werde sie «mit Professionalität und Leidenschaft» ihre Partei aus der Krise führen.

Mit kleinteiligen Korrekturen ist es nicht mehr getan.
Autor: Kevin Kühnert Chef der Jungsozialisten (Jusos)

Jusos-Chef Kevin Kühnert, erklärter Gegner der Grossen Koalition, forderte von Nahles denn auch Mut zu tatsächlicher Erneuerung und echten Reformen. «Das Schlimmste wäre, wenn wir in einem halben Jahr wieder in den Alltagstrott verfallen würden und vergessen haben, was wir uns eigentlich vorgenommen hatten im Erneuerungsprozess. Die Gefahr ist sehr gross», betont der Chef der sozialdemokratischen Jugendorganisation. «Und es ist Aufgabe der Vorsitzenden, dagegen anzugehen.»

Bei einigen Themen wie Hartz IV müsse die Partei nach Auffassung von Kühnert grundlegend neue Antworten liefern. «Mit kleinteiligen Korrekturen ist es nicht mehr getan», betont Kühnert.

Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, der die Partei derzeit noch kommissarisch führt, sagt, es werde der SPD gut tun, wenn künftig Partei- und Fraktionsvorsitz in einer Hand lägen. Nahles sei eine «sehr starke Frau», die auch Emotionen zeige. Auch das werde der SPD helfen.

Wohlwollen der politischen Konkurrenz

Auch die politische Konkurrenz beäugt die SPD aufmerksam. Grüne und FDP setzen auf eine Stärkung der Sozialdemokraten durch die Neuaufstellung der Parteispitze: Grünen-Chef Robert Habeck betonte im Deutschlandfunk, «dass Deutschland eine starke Sozialdemokratie braucht, und dass uns nicht geholfen ist, wenn die SPD schlecht da steht, und dass die SPD hohe Verdienste hat für die Geschicke dieses Landes».

Deutschland brauche eine starke Sozialdemokratie, erklärte auch FDP-Chef Christian Lindner gegenüber der «Neuen Osnabrücker Zeitung».

Neuanfang mit neuen Köpfen

Kann Nahles die Partei aber auch aus der Krise führen? Juso-Chef Kühnert räumt ein: «Ich bin nicht hundertprozentig sicher, ob Andrea Nahles am Ende des Tages die Richtige sein wird.» Nach langer Abwägung traue er ihr allerdings eher zu, die Partei voranzubringen – «auch wenn sie nicht immer zu den gleichen Antworten kommen wird, wie ich oder die Jusos es tun».

Die Konkurrentin von Nahles, die Flensburger Oberbürgermeisterin Lange stellte sich am Samstag in Wiesbaden im Parteivorstand vor und traf dort auch auf ihre politische Rivalin. Nach der Sitzung sagte Lange, es brauche einen Neuanfang. Mit Blick auf Nahles sagte die SPD-Kommunalpolitikerin: «Sie hat viele verschiedene Positionen in der Partei innegehabt, ich glaube deshalb brauchen wir jetzt neue Ansätze. Dazu gehören ein Stück weit auch neue Köpfe.»

Je 30 Minuten für die Kandidatinnen

Die 41-jährige Lange forderte einen von der grossen Koalition unbelasteten Neuanfang. Die SPD habe in den letzten Jahren so viele Wahlen verloren, «weil sie ihre Arbeit immer über die grosse Koalition definiert hat», sagt die Flensburger Kommunalpolitikerin.

Im Parteivorstand wurde entschieden, dass sich beide Kandidatinnen heute 30 Minuten lang den 600 Delegierten des Sonderparteitags vorstellen dürfen. Es ist nach einem turbulenten Jahr der fünfte SPD-Parteitag in 13 Monaten.

Erst die zweite Kampfkandidatur

Mit Spannung wird das Wahlergebnis erwartet. Nahles ist bisher durch ihre mitunter polarisierende, den Konflikt nicht scheuende Art ohnehin kein Parteiliebling – auch bei den Bürgern. 2007 erzielte sie mit 74,8 Prozent bei der Wahl zur Vizevorsitzenden ihr bislang bestes Ergebnis.

Es ist in der Geschichte der Bundesrepublik erst die zweite Kampfkandidatur bei einem SPD-Bundesparteitag. Oskar Lafontaine hatte 1995 – unterstützt von der damaligen Jusos-Chefin Nahles – den Vorsitzenden Rudolf Scharping gestürzt.

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