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Leerung einer Wahlurne
Legende: Die Stimmen sind ausgezählt: Die Peking-Kritiker können erste Erfolge verbuchen. Reuters
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International Peking-Kritiker schaffen Sprung in Hongkongs Parlament

Bei der Parlamentswahl in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong haben die Befürworter einer grösseren Distanz zu Peking einen Achtungserfolg erzielt. Fünf junge Aktivisten gewannen einen Sitz im Legislativrat.

Fünf junge Peking-kritische Kandidaten haben gemäss offiziellen Endergebnis den Sprung ins Hongkonger Parlament geschafft. Zu den fünf Parlamentsneulingen gehört der prominente Aktivist Nathan Law, einer der Anführer der pro-demokratischen Massenproteste von 2014.

«Hongkonger wollen wirklich Veränderung»

Der 23-Jährige forderte im Wahlkampf ein Referendum über die Loslösung Hongkongs von China. «Die Hongkonger wollen wirklich Veränderung», sagte Law in der Nacht bei der Wahlparty seiner Partei Demosisto. Ein klares Bekenntnis zu Hongkongs Unabhängigkeit war den Parlamentskandidaten nicht möglich, da dies zu einem Ausschluss geführt hätte.

Die junge Peking-kritische Bewegung – von Hongkongs Medien als «Lokalisten» tituliert – plädierte stattdessen für eine deutlich stärkere Selbstbestimmung. Dass mehrere ihrer Vertreter den Sprung ins Parlament schafften, wurde als Erfolg der neuen Strömung gewertet.

Umfassende Resultate im Verlauf des Tages

Bestimmendes Thema im Wahlkampf war der Umgang mit der neu entstehenden Unabhängigkeitsbewegung gewesen.

Mit dem Erfolg der jungen Aktivsten etabliert sich 20 Jahre nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft eine neue politische Kraft in Hongkong. Die beiden wichtigsten politischen Strömungen waren bislang die Gefolgsleute der chinesischen Führung in Peking und die etablierten Peking-kritischen Verfechter von mehr Demokratie, die eine Unabhängigkeit freilich konsequent ablehnen.

Im Aufkommen der Unabhängigkeitsbewegung spiegelt sich die Unzufriedenheit vieler Hongkonger mit dem Vorgehen der chinesischen Führung. Sie werfen der Volksrepublik vor, zu stark in die inneren Belange der halbautonomen Stadt einzugreifen. Die Volksrepublik hatte Hongkong 1997 für 50 Jahre eine weitreichende innere Autonomie zugesagt.

Rekordhohe Wahlbeteiligung

Die Wahlbeteiligung erreichte mit fast 60 Prozent einen Rekord. Damit gingen 2,2 Millionen der 3,7 Millionen Wahlberechtigten an die Urnen. Bei der Wahl im Jahr 2012 waren es noch 53 Prozent. Einige Wahllokale mussten länger geöffnet bleiben, um allen Wartenden die Stimmabgabe zu ermöglichen.

Hongkongs Behörden hatten mit Nervosität auf die Unabhängigkeitsbewegung reagiert. Vor der Wahl hatten sie mehrere Kandidaturen mit der Begründung untersagt, sie verstiessen gegen Hongkongs Mini-Verfassung. Diese gilt seit 1997, als die damalige britische Kronkolonie Hongkong an China übergeben wurde – gemäss der Formel «Ein Land, zwei Systeme».

Audio
Hohe Wahlbeteiligung in Hongkong
aus SRF 4 News aktuell vom 05.09.2016.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 57 Sekunden.

Proteste im August

Im August hatte es Proteste dagegen gegeben, dass sich Unabhängigkeitsbefürworter wie der Vorsitzende der Nationalpartei, Andy Chan, oder der Sprecher der Unabhängigkeitsgruppe Hong Kong Indigenous, Edward Leung, nicht zur Wahl stellen durften. Beide sprachen Anfang August während der ersten Kundgebung in Hongkong für die Unabhängigkeit von China.

In Hongkong gilt ein eingeschränktes Wahlrecht. Gegenwärtig werden nur 40 Abgeordnete für vier Jahre direkt gewählt, die anderen 30 bestimmen Interessengruppen, die grösstenteils Peking-treu sind. Im bisherigen Parlament verfügten Peking-kritische Demokraten über die Sperrminorität von einem Drittel der Sitze. Gemäss SRF-Korrespondent Urs Morf werden sie diese auch nach der Wahl vom Wochenende behalten.

SRF-Korrespondent Urs Morf zur Bedeutung des Wahlresultats:

«Die hohe Wahlbeteiligung zeigt, dass in Hongkong eine zunehmende Politisierung stattfindet, denn für die jungen Hongkonger rückt das Jahr 2047 langsam in den Fokus. Dann läuft die zwischen Peking und London 1997 vereinbarte Formel ‹One Country, Two Systems› aus. Manche junge Aktivisten fordern schon jetzt, dass sich Hongkong dannzumal von der Volksrepublik trennen soll. Das aber wird Peking ganz sicher nicht tolerieren. In den kommenden Jahren werden die Konflikte mit Peking deshalb wohl stark zunehmen.»

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