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International Rettungsaktionen im Mittelmeer: Eine gesamteuropäische Aufgabe

Italiens Küstenwache ist derzeit im Dauereinsatz, um Bootsflüchtlinge im Mittelmeer zu retten. Seit Anfang Woche hat sie schon 10'000 Personen aufgegriffen. 70 Rettungseinsätze mussten koordiniert werden. Wie diese logistische Grossaktion funktioniert, erklärt Roland Schilling vom UNHCR in Rom.

Roland Schilling

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Roland Schilling ist seit September 2014 als Verteter des UNHCR für Südeuropa in Rom. Davor war er bereits in der Türkei, in Grossbritannien, Deutschland, Moldawien, Hongkong und Jemen für das UNO-Flüchtlingshilfswerk tätig. Von 1998 bis 2002 war er in Sri Lanka stationiert und koordinierte er die humanitäre Hilfe der UNO nach dem Tsunami von 2004.

SRF News: Die Küstenwache koordiniert die Einsätze mit Hilfe von Booten anderer europäischer Staaten und Wohlfahrtsverbände. Sind noch weitere Akteure beteiligt?

Roland Schilling: Neben der italienischen Küstenwache ist auch die italienische Marine beteiligt. Auch die italienische Finanzverwaltung stellt einige Boote. Es gibt natürlich die europäische Grenzschutzagentur Frontex, die auch mit Booten und mit Flugaufklärung und anderen Arten von Unterstützung beteiligt ist. Und zum Teil helfen auch private Boote oder Schiffe, die sich in der Nähe befinden.

Vor knapp zwei Jahren wurde die italienische Marine-Rettungsaktion Mare Nostrum beendet. Trotzdem scheint es, dass Italien doch am meisten Rettungen zu verantworten hat. Stimmt dieser Eindruck?

Tatsächlich sind die meisten Schiffe – etwa zwei Drittel – von der italienischen Küstenwache und der italienischen Marine. Aber es gibt auch eine grössere europäische Unterstützung, vor allem in finanzieller Hinsicht. Es wird jetzt als mehr eine gesamteuropäische denn als italienische Aufgabe gesehen. Die Rettungsaktionen finden schliesslich relativ weit weg von Italien statt, zum Teil 20 bis 40 Seemeilen vor der libyschen Küste.

Audio
«Solch eine Rettungsaktion ist eine riesige Herausforderung»
aus SRF 4 News aktuell vom 31.08.2016.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 3 Sekunden.

Die libyschen Menschenschmuggler pferchen immer mehr Leute auf immer kleinere Boote. Sind sie in jüngster Zeit dreister geworden?

Das kann man so sagen. Insbesondere in Libyen gehen die Schmuggler besonders rabiat mit den Flüchtlingen um. Sie füllen die Boote bis zum Maximum. Es gibt Schlauchboote, die nach wenigen Seemeilen beginnen, auseinanderzufallen. Deshalb kam es auch zu diesen schrecklichen Unfällen in letzter Zeit. Die Todeszahlen sind fast so hoch wie im gesamten letzten Jahr.

Die EU versucht, zusammen mit libyschen Truppen, vermehrt gegen Schlepper vorzugehen. Wenn man die Zahlen sieht, scheint das nicht zu funktionieren. Wieso?

Die innenpolitische Lage in Libyen ist kompliziert. Das Land befindet sich im Konflikt. Die Regierung hat nicht die Kontrolle über das ganze Staatsgebiet. Aber es gibt jetzt tatsächlich positive Ansätze, die libysche Küstenwache auszustatten und auszubilden, um auch gegen Schmuggler vorzugehen. Es gibt zudem gewisse lokale Aktionen von der Bevölkerung. Diese sagt, wir wollen das einfach nicht mehr, dass hier im grossen Masse Menschenschmuggel stattfindet, schreckliche Unfälle passieren und Menschen ums Leben kommen, und dass Leichen an den Strand gespült werden.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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