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International «Saudi-Arabien sieht Schiiten im Land als Gefahr»

Die 47 Menschen, darunter der prominente schiitische Geistlichen Nimr al-Nimr, wurden offiziell wegen Terrorismus oder Anstiftung zur Gewalt hingerichtet – in einem Land, das selber als Unterstützer der Terrormiliz IS gilt. Nach Ansicht der Politologin Elham Manea ist das Regime unglaubwürdig.

Saudi Arabien hat 47 Menschen hingerichtet – offiziell wegen Terrorismus oder Anstiftung zur Gewalt. Darunter auch den prominenten schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr. Die jemenitisch-schweizerische Politologin Elham Manea von der Universität Zürich leitet die internationale Solidaritäts-Kampagne zur Freilassung des saudischen Bloggers Raif Badawi. Sie kennt sich aus mit den harschen Regeln in dem Land, das derzeit scharfer Kritik ausgesetzt ist.

SRF: Wer war dieser Sheikh Nimr al-Nimr?

Elham Manea: Er war ein sehr bekannter Oppositionsführer, jemand der eine grosse Unterstützung innerhalb der östlichen Region in Saudi-Arabien hatte – einer Region, in der mehrheitlich die schiitische Minderheit lebt. Dieser Schritt (Anm. d. Red.: die Hinrichtung) wird meiner Meinung nach Konsequenzen auf die Situation in der östlichen Region haben.

Der offizielle Grund für die Hinrichtung lautet, al-Nimr habe zum Terrorismus angestiftet – was versteht Saudi-Arabien darunter?

Gemäss einem Gesetz von 2014 wird jede Art von Meinungsäusserung gleichgesetzt mit Terrorismus. Dazu gehört auch jegliche Art von friedlicher Äusserung und dem Verlangen nach politischen Reformen.

Audio
Iran droht Saudi-Arabien mit Konsequenzen
aus Echo der Zeit vom 02.01.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 9 Minuten 32 Sekunden.

Welche Gefahr geht von dieser eher kleinen Minderheit der Schiiten in Saudi-Arabien aus?

Es sind nur 15 Prozent der Bevölkerung Schiiten. Man muss das Problem aber im regionalen Kontext betrachten. Saudi-Arabien sieht ihre eigene schiitische Minderheit als Quelle von Gefahr. Saudi Arabien hat Angst, besonders seit dem arabischen Frühling. Angst, dass sich in Saudi-Arabien das Schicksal von Libyen oder Hosni Mubarak wiederholt.

Saudi-Arabien gilt als Quelle und Finanzierer des Islamischen Staates (IS). Wie lässt sich nun Grund für die Hinrichtungen, nämlich Terrorismus, rechtfertigen?

Es ist lächerlich, und viele wissen das. In westlichen Regierungen ist eine Wende spürbar. Man merkt, dass man nicht weiter mit Saudi-Arabien zusammenarbeiten kann wie früher. So hat beispielsweise der deutsche Vizekanzler klar gemacht, dass man nicht mehr weiter hinschauen will, wie Saudi-Arabien die Art von Fundamentalismus unterstützt, die den Nährboden für gewalttätigen Islamismus bietet. Es ist nicht glaubwürdig wenn Saudi-Arabien sagt, wir kämpfen gegen den Terrorismus, ohne dass das Land seine eigene fundamentalistische Strömung unter Kontrolle hat.

Der saudische König Salman
Legende: Die neue Führung unter König Salman nimmt wenig Rücksicht auf diplomatische Beziehungen. Keystone

Haben die westlichen Staaten wie die USA keinen diplomatischen Einfluss mehr auf Saudi-Arabien?

Die Beziehung zwischen Saudi-Arabien und den USA war nie eine Beziehung von Unabhängigkeit – zumindest nicht auf der Seite von Saudi-Arabien. Die neue Führung verfolgt eine Politik, die sich nicht um die Interessen der USA schert.

Nach den jüngsten Hinrichtungen wird Saudi-Arabien scharf kritisiert. Man sagt, «das könnte das Land teuer zu stehen kommen» – was könnte damit gemeint sein?

Die Spaltung der arabischen Region in zwei Lager, das sunnitische und das schiitische, wird wieder sehr deutlich. Mit solchen Aussagen seitens Iran, Syrien oder auch der Hisbollah wird eine Eskalation des «Kalten Krieges» zwischen Saudi-Arabien und dem Iran angesprochen. Ich fürchte jedoch, eskalieren wird die Situation eher innerhalb von Saudi-Arabien. Die schiitische Bevölkerung im Osten des Landes ist sehr unzufrieden, die Menschen dort werden als Menschen zweiter Klasse behandelt.

Das Interview führte Samuel Wyss.

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