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Trumps Dekret zur Immigraton Starbucks & Co.: Stinkefinger gegen Trump aus der Firmenwelt

Fast im Stundentakt kritisiert ein neues US-Grossunternehmen die Einwanderungspolitik des amerikanischen Präsidenten. Was treibt die Konzerne an? Welche Druckmittel haben sie? Und wer könnte ihnen zu Hilfe kommen? Ein Experte gibt Antworten.

Jobs von Starbucks, Unterkünfte von Airbnb: Was Donald Trump Migranten aus sieben islamischen Ländern faktisch versagt, vermitteln ihnen derzeit US-Grosskonzerne. Das Kaffeehaus will in fünf Jahren 10'000 Flüchtlinge anstellen, der Zimmervermittler sämtliche wegen Trumps Dekret gestrandete Muslime beherbergen.

Dabei führen Starbucks und Airbnb nur in Taten fort, was andere mit Worten begonnen haben: Google, Apple, Facebook, Twitter, Microsoft, Netflix, General-Electric, Tesla, Uber, Lyft und JPMorgan haben sich über Trumps Immigrations-Erlass beschwert – und so den betroffenen Muslimen eine starke Stimme verliehen.

Doch welches Gewicht hat die Kritik aus der Wirtschaft? SRF News hat mit Experte Karl-Werner Hansmann gesprochen, einem emeritierten Professor für Betriebswirtschaftslehre.

SRF News: Herr Hansmann, welche Firma hat überhaupt das Format, sich in die präsidiale Politik der USA einzumischen?

Karl-Werner Hansmann: Das Unternehmen muss allgemein bekannt sein, und zwar auch international. Google, Starbucks, Tesla, JPMorgan und die anderen aufgezählten Unternehmen sind allesamt Grossunternehmen. Das heisst, sie haben eigene Medienabteilungen, die sich ausschliesslich mit Konzernpolitik beschäftigen können.

Karl-Werner Hansmann

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Karl-Werner Hansmann ist emeritierter Professor für Betriebswirtschaftslehre (BWL). Während seiner Zeit an der Universität Hamburg gründete er das Institut für Industriebetriebsforschung. Sein Lehrbuch Industrielles Management zählt zu den BWL-Standardwerken. Als Visiting Professor hielt sich Hansmann häufig in den Vereinigten Staaten auf.

Welches Motiv haben die Unternehmen, sich politisch zu exponieren?

Sie haben drei Beweggründe, die man auseinanderhalten sollte: Sie beschäftigen viele Arbeitskräfte aus den vom Dekret betroffenen Ländern zu Niedriglöhnen. Wenn sie sich also gegen Trumps Erlass äussern, ist das erstens eine Kostenfrage.

Zweitens spielen die Rohstoffe eine Rolle: Starbucks und General Electrics etwa beziehen viele natürliche Ressourcen bzw. Bauteile aus dem Ausland und nicht wenige aus muslimischen Ländern. Wenn Trump diese Staaten jetzt vor den Kopf stösst, fürchten die Konzerne, dass ihre Rohstoffe nicht mehr geliefert werden.

Drittens treiben marketingtechnische Überlegungen die Unternehmen an: Sie alle exportieren in arabische Länder. Wenn Trump einige von ihnen diskriminiert, haben die Firmen Sorge, dass sie dort nicht mehr so viel absetzen können.

Welche Druckmitteln haben die Konzerne?

Im Grunde gar keine. Es ist nämlich anders herum: Nicht sie üben Druck auf Trump aus, sondern er auf sie. Das liegt daran, dass sich der neue US-Präsident überhaupt nicht mit den geltenden Rechtsregeln auskennt oder er sich bewusst über sie hinwegsetzt. Das Dekret zur Immigration ist verfassungswidrig, aber das ist ihm offenbar egal. Einzig über die Konsumenten könnten die Unternehmen Trump zusetzen. Der Druck wäre dann aber sehr indirekt.

Sind Ihnen in der US-Geschichte Beispiele bekannt, bei denen Firmen erfolgreich gegen Staatschefs gekämpft haben?

Nein. In dieser direkten Form hat der Versuch der Beeinflussung tatsächlich auch noch nicht stattgefunden. Wohl haben früher Konzerne über Lobbyarbeit ihre Interessen im Kongress durchzusetzen versucht. Starbucks, Tesla und die Techgiganten greifen jetzt aber direkt den Präsidenten an und verkünden ihr Missfallen über die herrschende Politik in aller Öffentlichkeit.

In dieser direkten Form hat der Versuch der Beeinflussung noch nicht stattgefunden.
Autor: Karl-Werner Hansmann Emeritierter Professor für Betriebswirtschaftslehre

Welche Chancen räumen Sie den aufbegehrenden Firmen ein?

Wenige. Nichts desto trotz hoffe ich auf Google und Microsoft, die so gross sind, dass man ihnen auch zuhört. Diese Unternehmen repräsentieren ferner verschiedene Branchen und betreffen ein sehr breites Klientel. Sollten die diskriminierten muslimischen Länder Gegenmassnahmen ergreifen – etwa dergestalt, dass sie Google verbieten – könnte sich von den Konsumenten über die Konzerne auf das Weisse Haus vielleicht doch ein so grosser Druck aufbauen, dass sich Trump seine eingeschlagene Wirtschaftspolitik noch einmal überlegt.

Es sind bis jetzt nur amerikanische Unternehmen, die sich aus dem Fenster lehnen…

Tatsächlich wird interessant zu sehen sein, wie sich die nicht-amerikanischen Autobauer verhalten, da General Motors ja schon eingeknickt ist und auf Veranlassung Trumps nicht mehr in Mexiko, sondern in den USA produzieren will. Auch die deutschen Grosskonzerne BMW und Daimler bauen ihre Autos in Mexiko – und bekommen so unweigerlich Schwierigkeiten mit dem neuen US-Präsidenten.

Das Gespräch führte Christine Spiess.

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