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International Ukraine: Land zwischen Depression und Lethargie

Die verebbenden Nachrichten aus dem Krisenherd Ukraine lassen Fragen aufkommen: Ist die Lage unter Kontrolle oder hat sich das Medieninteresse einfach zur nächsten Tragödie verlagert? SRF-Korrespondent Christof Franzen über ein Land am Abgrund.

SRF News: Herr Franzen, wie sieht eigentlich die Lage in der Ukraine aus?

Christof Franzen: Im Konfliktgebiet der Ostukraine herrscht eine grosse Unsicherheit betreffend der Zukunft. Zudem halten die Kämpfe an; fast täglich gibt es Tote. Die Menschen dort beklagen sich auch sehr über die sogenannte Wirtschaftsblockade. Kiew erschwert den Zugang in die Konfliktregion massiv: für Mensch und Ware vor den Checkpoints stehen die Menschen lange an. Das alles ist enorm zermürbend für die Menschen.

Und für die prorussischen Bewohner?

Da herrscht inzwischen grosse Ernüchterung. Die ukrainische Regierung wird weiterhin beschuldigt für alles Übel. Aber auch der Glanz der russischen Regierung hat stark abgenommen. Denn von ihnen hatten sie sich mehr erwartet.

Und wie ist es in der Restukraine?

Porträtbild
Legende: Christof Franzen Seit über sieben Jahren berichtet SRF-Korrespondent Christof Franzen aus Moskau. SRF

Da herrscht Wirtschaftskrise und hohe Inflation. Die Lebenskosten sind gestiegen und die Gaspreise haben sich um ein Mehrfaches verteuert. Aber trotz dieser misslichen Lage scheint mir die Stimmung noch nicht depressiv. Viele Menschen rücken zusammen und haben auch ein gewisses Verständnis für die momentane Lage. Die Frage ist: wie lange noch.

Der Krieg tritt in den Medien nicht mehr so prominent auf wie noch vor ein paar Monaten. Was sind die Gründe hierfür?

Seit dem Minsker Abkommen vom Februar sind die Kämpfe weniger intensiv. Die fast täglichen Toten überraschen leider nicht mehr.

Wie gross ist eigentlich der Einfluss westlicher Korrespondenten?

Westliche Medien werden nur sehr begrenzt wahrgenommen. Das russische Staatsfernsehen dominiert auch in den besetzten Zonen der Ukraine. Die Propaganda läuft immer noch auf Hochtouren. Ukrainische Sender wurden abgesetzt. Wobei übrigens auch diese seit Kriegsbeginn viel einseitiger berichten.

Aber es gibt ja auch das Internet!

Schon, aber die Nutzung ist begrenzt. Und auch hier greift Russland mit organisierten Trollen massiv ein.

Ein Ende des Krieges ist so schnell nicht absehbar. Droht hier eine lang anhaltende Konfliktsituation à la Nordirland?

Zurzeit sind solche Einschätzungen schwierig vorzunehmen. Die politischen Gräben zwischen Kiew und Moskau sind aber noch sehr tief. Aber es gibt auch Anzeichen, dass Russland auf Grund von Sanktionen und Wirtschaftskrise zu Kompromissen bereit ist. Die Gefahr einer weiteren Eskalation oder eines langfristig ständig lodernden Konfliktes ist dennoch gross.

Was könnte sich Putin davon versprechen?

Für Putin war die Ukraine immer ein zentrales Element in seiner Eurasischen Union, die als Gegenpol zur EU gesehen wird. Eine einseitige Öffnung der Ukraine dem Westen gegenüber wäre eine schwere Niederlage für Putin. Hinter dem Konflikt steckt aber noch etwas anderes: Putin will die prowestliche ukrainische Regierung in die Knie zwingen.

Audio
EU: Vorläufig keine neue Osterweiterung
aus HeuteMorgen vom 22.05.2015.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 48 Sekunden.

Die Idee, dass durch die Maidanproteste eine autoritäre Regierung gestürzt wurde und danach freie Wahlen abgehalten und rechtsstaatliche Reformen in Angriff genommen werden: dieses Szenario war und ist für Putin ein Alptraum.

Putin will nicht, dass dieses Beispiel Schule macht. Das ist mit ein Grund, warum es schwierig ist, echte Friedenslösungen zu finden.

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