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Ungarn am Pranger Europa-Parlament löst Sanktions-Verfahren gegen Ungarn aus

  • Ungarn muss sich einem Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten stellen.
  • Für die Auslösung des Verfahrens stimmen 448 Abgeordnete, 197 sind dagegen, 48 enthalten sich.
  • Das Verfahren führt im schlimmsten Fall zum Entzug von Stimmrechten im Ministerrat.
  • Die ungarische Regierung fühlt sich ungerecht behandelt und spricht von einer «Rache der migrationsfreundlichen Parteien».

Die «Atombombe» ist gezündet, wie das Verfahren im EU-Jargon heisst. Nach Polen muss sich nun auch Ungarn einem Sanktionsverfahren wegen Gefährdung von EU-Grundwerten stellen. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Europaparlament hat für ein Rechtsstaatsverfahren gestimmt, das im äussersten Fall zum Entzug der Stimmrechte im Ministerrat führen könnte. Nun muss sich der Rat der Mitgliedsländer mit dem Fall befassen.

Regierung gefährde demokratische Institutionen

Am Anfang stand ein Bericht. Die Grünen-Abgeordnete Judith Sargentini hat ihn im Frühjahr im Auftrag des EU-Parlaments erstellt. Als Grundlage für den Bericht dienten die offiziellen Befunde von Institutionen wie den Vereinten Nationen, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarats. Ihre Einschätzung von Ungarns Demokratieverständnis fällt vernichtend aus.

Es herrsche eine «systemische Bedrohung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn», so der Befund.

Der Bericht verwies auf Einschränkungen der Meinungs-, Forschungs- und Versammlungsfreiheit sowie auf eine Schwächung des Verfassungs- und Justizsystems und das Vorgehen der Regierung gegen Nichtregierungsorganisationen. Darüber hinaus werden in ihm Verstösse gegen die Rechte von Minderheiten und Flüchtlingen aufgezählt sowie Korruption und Interessenkonflikte kritisiert.

Ungarn sieht Verfahren als «Kleine Rache»

Insgesamt sei das Risiko eines Verstosses gegen EU-Grundwerte gegeben, stellte der Bericht fest und plädierte für ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge. Beratung und etwaige Entscheidung liegen beim Rat der Mitgliedsstaaten, der sich nun mit beiden Ländern befassen muss. Das Verfahren kann theoretisch zum Entzug von Stimmrechten im Ministerrat führen. Die Hürden sind aber sehr hoch. Im Fall Polen gab es bisher nur eine Anhörung.

Ungarn fühlt sich ungerecht behandelt. «Dies ist nichts anderes als die kleinliche Rache migrationsfreundlicher Politiker», sagte Außenminister Peter Szijjarto am Mittwoch in Budapest.

«Ungarn und seine Menschen hat man bestraft, weil sie bewiesen haben, dass die Migration kein naturgegebener Vorgang ist und dass man sie aufhalten kann», führte Szijjarto weiter aus. Im Europäischen Parlament, aber auch in dessen Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), der die ungarische Regierungspartei Fidesz angehört, seien «die migrationsfreundlichen Politiker in der Mehrheit». Der Bericht der Grünen-Abgeordnete Judith Sargentini sei «voll mit ausgewiesenen Lügen». Die ungarische Regierung habe diese in einem 180 Seiten starken Dokument «Punkt für Punkt widerlegt».

Ausserdem sei die Entscheidung durch Betrug zustandegekommen. Bei der Auszählung seien Enthaltungen nicht mitgerechnet worden, was das Ergebnis

verfälsche. Seine Regierung prüfe, dagegen zu klagen.

Orban will dennoch in EVP-Fraktion bleiben

Zugleich sagte Szijjarto, dass die von Ministerpräsident Viktor Orban geführte Fidesz-Partei nicht gedenke, aus der EVP auszutreten. «Wir wollen in der Fraktion bleiben, damit die Anti-Migrations-Haltung in ihr mehrheitsfähig wird.» Ansonsten drohe nach der Europawahl im Mai 2019 eine Koalition von EVP, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen, die «den europäischen Kontinent mit Migranten überfluten will».

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