Nach dem gescheiterten Putschversuch will die türkische Regierung rund 38'000 Häftlinge freilassen. Gefängnisinsassen, die Straftaten vor dem 1. Juli begangen haben, sollen auf freien Fuss kommen. Das kündigte Justizminister Bekir Bozdag an.
Die Massnahme gelte aber nicht für all jene Verdächtigten, die nach dem Putsch festgenommen worden sind. Auch Straftäter, die wegen Mordes oder Terrorismus verurteilt wurden, sind ausgeschlossen. Bozdag betonte auf Twitter, es handle sich nicht um eine Amnestie.
35'000 Festnahmen nach Putsch
Die türkischen Gefängnisse sind nach der Festnahme tausender mutmasslicher Putsch-Unterstützer überfüllt. Die türkische Justiz will nun Platz schaffen für neue Häftlinge, die am Putsch beteiligt gewesen sein sollen.
Wegen mutmasslicher Verbindung zu den Putschisten sitzen nach offiziellen Angaben zurzeit mehr als 17'000 Verdächtige in Untersuchungshaft.
Nach offiziellen Angaben wurden seit dem Umsturzversuch mehr als 35'000 Menschen festgenommen, von denen mittlerweile etwa ein Drittel wieder frei ist.
Nahost-Korrespondentin Inga Rogg: «Katastrophale Verhältnisse»
Grundsätzlich müssen sich Gefangene in der Türkei auf lange Gefängnisaufenthalte einstellen, denn es dauert sehr lange, bis es überhaupt zu einem Prozess kommt. Bei den mutmasslichen Putschisten kommt erschwerend hinzu, dass die Regierung mehrere Gerichte neu einrichten will, um die Verdächtigen abzuurteilen. Der Justizminister sprach Anfang Monat von bis zu 30‘000 Personen, denen der Prozess gemacht werden könnte. |
Menschenrechtsorganisationen und Oppositionspolitiker sprechen von katastrophalen Verhältnissen in den Gefängnissen. Eine Menschenrechtsorganisation hat etwa berichtet, dass in einem Gefängnis in der Westtürkei die Häftlinge in einem Sportstadion festgehalten würden, weil es sonst keinen Platz gebe. Ein Abgeordneter der oppositionellen CHP, der regelmässig Gefängnisse besucht, hat kürzlich berichtet, dass zusätzliche Betten in Zellen geschoben würden und Gefangene in Schichten schlafen müssten, weil es nicht genügend Betten gäbe. |