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Hotels in der Schweiz Diplomat mit Fliege und Shaker

Ob sie es wollen oder nicht: Barkeeper erhalten oft eine psychologische Gratisausbildung. Denn was Freud die Couch war, ist dem Barkeeper sein Tresen. Hier sieht er vieles, muss für jeden ein offenes Ohr haben und darf nichts ausplaudern. Ein Psychogramm in sieben Texten.

1. Von der Sea Cloud II ins Trois Rois

Thomas Huhn arbeitet seit über 20 Jahren als Barkeeper. Seit über zehn Jahren ist er im Basler Luxushotel Les Trois Rois tätig. Als Chef de Bar führt er ein Team mit 15 Angestellten. Bereits bei seiner Hotelfach-Ausbildung habe ihn die Hotel-Bar magisch angezogen, sagt Huhn. «Sie ist das Herz, respektive das Wohnzimmer, eines Hotels.» Huhn sammelte Erfahrungen in verschiedenen Häusern, unter anderem auch auf dem Luxus-Kreuzfahrtschiff Sea Cloud II. Der Vorteil einer Hotel-Bar? «Abends kann ich nach Hause gehen.»

2. Lieber Profi-Barkeeper als Profi-Fussballer

In der Bar-Branche gibt es viele Quereinsteiger. Thomas Huhn aber hat seinen Job von der Pike auf gelernt – zuerst mit einer Hotelfach-Ausbildung für die französische Hotel-Kette Accor, dann in verschiedenen grossen Häusern als Angestellter. Dabei wollte er ursprünglich einmal Profi-Fussballer werden. «Das Talent war da, aber vielleicht hat’s am Ehrgeiz gefehlt.» Heute ist Huhn froh über seine Entscheidung. «Im Alter von 40 Jahren wäre meine Karriere auf dem Fussballplatz wohl ohnehin vorbei.»

3. «Und, wie wird das Wetter?»

«Smalltalk ist eine Stärke von mir», so Huhn. Das gehöre an einer Bar einfach dazu, denn es lockere die Atmosphäre auf. Im Trois Rois sind die Mitarbeiter sogar dazu angehalten, auf die Gäste zuzugehen und sich mit ihnen zu unterhalten – aber nur, wenn sich eine Situation dazu bietet und die Gäste das auch möchten. Denn im Gespräch mit einem Gast erfahre man mehr über die Person, könne besser auf sie eingehen – ihr den Aufenthalt im Hotel noch angenehmer gestalten. Wie oft am Tag spricht ein Barkeeper mit seinen Gästen übers Wetter? «Das kommt schon mal vor.» Ein Problem hat Huhn damit nicht.

4. Der Barkeeper als Diplomat

Zurückhaltung ist hingegen bei politischen Themen angesagt. «Gäste können ihre Ansichten zu politischen Themen zwar gern kundtun, aber sie werden nie meine Meinung dazu hören – auch Stammgäste nicht.» Und wie steht es mit Indiskretionen? Hört man als Barkeeper auch Dinge, die man eigentlich gar nicht wissen dürfte? «Nein», meint Huhn. «Die wirklich wichtigen Sachen kriegt auch ein Barkeeper nicht mit.» Bestimmt nicht? Huhn schmunzelt. «Man hört diskret weg.»

5. Wenn frühe Gäste zu lange bleiben

«Done by noon, drunk by three.» Das Motto Hemingways, bis zum Mittag alle Arbeiten erledigt zu haben und spätestens um drei Uhr Nachmittags betrunken zu sein, teilt Thomas Huhn nicht – wie auch fast alle seine Gäste. Doch natürlich ist Gast nicht gleich Gast. Amerikaner treffe man meist sehr früh an der Bar an, spätabends hingegen fast nie. Europäische Gäste verhielten sich genau umgekehrt. Er selber bevorzugt die Schweizer Variante: «Ein Apéro vor dem Abendessen (...) und dann den Abend an der Hotelbar ausklingen lassen.» Und falls dann doch mal einer zu tief ins Glas schaut, müsse der Barkeeper eben schauen, dass zumindest die Atmosphäre gewahrt werde.

6. Martini, geschüttelt oder gerührt?

James Bond, der Agent im Geheimdienst Ihrer Majestät mit der Lizenz zum Töten – und zum Trinken, hat ein Faible für Martini. Aber stets «geschüttelt, nicht gerührt». Warum, weiss auch Thomas Huhn nicht. Denn eigentlich bedarf es für die beiden Zutaten – Gin und Wermut – eigentlich keines Shakers. Einen Martini herzustellen, sei ein Ritual, sagt Huhn. Es brauche das Gespräch mit dem Kunden, um herauszufinden, mit welchem Gin der Gast ihn gerne hätte. Die Frage, ob ein durchschnittlicher Bar-Gast überhaupt bemerke, ob ein Martini geschüttelt oder gerührt sei, lässt Huhn diskret unbeantwortet.

7. Eigenkrationen statt Mainstream

Sommer für Sommer wechseln die Mode-Drinks. Einmal wollen alle «Hugo», dann ist «Aperol Spritz» der Renner. Thomas Huhn versucht, seine Gäste von solchen Trends und «konventionellen Sachen» abzubringen. Sein Rezept für heisse Sommertage: leichte Drinks, nicht zu viele Komponenten und dazu eine erfrischende Zutat wie Minze, Gurke oder Basilikum. Das Angebot sei derart vielfältig, dass es auch ohne industriell vorgefertigte Trend-Drinks gehe.

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