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Mangelnde Hygiene in Kochsendungen
Aus Puls vom 29.01.2018.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 34 Sekunden.
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Hygiene im TV-Kochstudio Schmuddel macht Schule

Eine deutsche Studie kommt zum Schluss: TV-Köche arbeiten nicht sehr hygienisch. Schweizer Profiköche relativieren.

Fernsehköche arbeiten unhygienisch, so das Fazit einer Untersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung BfR in Berlin. Und: Die Zuschauer würden nicht nur die Rezepte übernehmen, sondern auch das unsaubere Kochverhalten.

Pro Jahr werden auf deutschen Fernsehkanälen 60 unterschiedliche Kochformate ausgestrahlt, 35 von öffentlich-rechtlichen, 25 von privaten Sendern. Zwischen März 2015 und März 2016 hat das BfR 100 willkürlich ausgesuchte Folgen auf das Hygieneverhalten der Fernsehköche untersucht.

Hygienefehler fast im Minutentakt

Ergebnis der Untersuchung: Alle 50 Sekunden wurde durchschnittlich ein Hygienefehler gemacht, der die Verbreitung von Krankheitserregern und Kreuzkontaminationen nach sich ziehen könnte. Die häufigsten Fehler der TV-Köche:

  • Schmutzige Hände werden immer nur am Geschirrtuch abgewischt.
  • Die Schneidbretter werden nicht gründlich zwischengereinigt.
  • Kein Händewaschen nach Husten, Nase putzen, Niesen, Kratzen oder Kontakt mit Kopfhaar oder Augen.
  • Salzen und würzen der Speisen mit den Fingern.

Dass das schlechte oder gute Beispiel in den Köpfen der Zuschauer durchaus Wirkung hinterlässt, zeigte ein kleines Experiment des BfR: 65 Testpersonen sollten anhand eines Kochvideos einen Geflügelsalat mit selbstgemachter Mayonnaise zubereiten. Im einen Demonstrations-Video war ein Koch zu sehen, der aktiv auf die empfehlenswerten Hygienemassnahmen hinwies. Im anderen nahm man es mit der Hygiene nicht so genau.

Fünf Tipps zur Vermeidung von Lebensmittelinfektionen

Vor dem Kochen gründliches Händewaschen mit Seife.
Rohe Lebensmittel auf separaten Arbeitsflächen zubereiten. Hände, Arbeitsflächen und Arbeitsgeräte zwischen den Arbeitsschritten gründlich reinigen.
Lebensmittel stets gut durchgaren.
Lebensmittel, die roh verzehrt werden (Salate, Kräuter, Gemüse, Obst), gründlich waschen.
Küchenhandtücher, -lappen und-schwämme regelmässig in die Wäsche geben oder ersetzen.

Wenig überraschend agierten die Zuschauer des hygienisch vorbildlichen Kochs später selber deutlich sauberer als die anderen.

Das BfR-Fazit: «TV-Kochsendungen können also eine Vorbildfunktion übernehmen, indem sie das Bewusstsein für Küchenhygiene schärfen, statt es zu vernachlässigen.»

Profiköche relativieren

René Schudel, Schweizer Fernsehkoch und Inhaber zweier Lokale in Unterseen, kontert solche Vorwürfe: «Für mich als Koch, als stolzer Berufsmann, ist es absolut wichtig, die Hygienevorschriften umzusetzen.» Selbstverständlich sei es für ihn Standard, sich die Hände zu waschen, «vor dem Kochen, während dem Kochen und nach dem Kochen, wenn ich einen Prozessschritt ändere.»

Jedes Händewaschen in einer Kochsendung zu zeigen, wäre höchst unattraktiv.
Autor: René SchudelTV-Koch

Nur: «Jedes Händewaschen in einer Kochsendung zu zeigen, wäre höchst unattraktiv», so der Profikoch. Schliesslich gehe es da ja um appetitliche Gerichte, schöne Bilder, schnelle Schnitte – Unterhaltung eben. Was zwischen den Bildschnitten geschehe, würden die Zuschauer zu Hause ja gar nicht sehen.

Marc-André Dietschi, Profikoch auch er und als solcher Ausbildner an der Schweizerischen Hotelfachschule in Luzern, ergänzt: «Man muss ganz klar unterscheiden zwischen privaten Haushalten und Profiküchen.» In der Profiküche werde Hygiene gross geschrieben: Da gibt es einen Brettercode (jedes Lebensmittel hat eine eigene Brettfarbe), und der «wird auch penibel eingehalten!» Nie werde mit einem unsauberen Löffel eine Speise abgeschmeckt, «schon gar nicht, wenn sie ungekocht ist, wie zum Beispiel eine Crème.»

Man muss ganz klar unterscheiden zwischen privaten Haushalten und Profiküchen.
Autor: Marc-André DietschiProfikoch

Zu Hause aber «kann ich nicht fünf verschiedene Brettli haben, und ich nehme auch nicht jedes Mal einen sauberen Löffel, wenn ich etwas probiere.» Da müsse man halt das Brett, auf dem rohes Poulet bearbeitet wurde, gut abspülen, ehe man Gemüse darauf schneide.

Selbst wenn tatsächlich alle 50 Sekunden ein sogenannter Hygienefehler gemacht werden – Kochsendungen sollten als das gesehen werden, was sie sind: Gute Unterhaltung und Inspiration für neue Rezepte, die zuhause nachgekocht werden können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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