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Hundefleisch-Festival in China «Ich habe Hunde zu Hause, die sonst gegessen worden wären»

Das Hundefleisch-Festival findet wieder am 21. Juni in Südchina statt. «Animals Asia»-Direktorin Jill Robinson spricht vom Widerspruch zwischen Chinas neu entdeckter Liebe zu Haustieren und dem umstrittenen Anlass.

SRF News: Sie haben in der Vergangenheit das Hundefleisch-Festival im südchinesischen Yulin besucht. Was haben Sie dort vorgefunden?

Jill Robinson: Es ist dasselbe, was wir auch in Schlachthäusern, Restaurants und Märkten mit lebendigen Tieren in ganz China gesehen haben. Yulin ist nur ein kleiner Teil von einer ganzen Industrie, die sich mit illegalen Methoden am Leben erhält. Diese Hunde wurden gestohlen, von der Strasse, manchmal sogar aus den Häusern der Halter. Während des Festivals steigen die Preise der Hunde. Die Händler bringen noch mehr Hunde nach Yulin, um ein gutes Geschäft zu machen.

Drei Hunde in einem Käfig.
Legende: Tierschutzgesetze für Haustiere gibt es in China nicht. ZVG

Auch viele Tierschützer reisen während des Festivals nach Yulin, um mit Geld Hunde vor der Schlachtbank zu retten. Hilft das?

Ich verstehe jeden, der diese Hunde und auch Katzen retten möchte. Ich habe selbst Strassenhunde zuhause, und auch sogenannte Fleischhunde, die sonst gegessen worden wären. Deshalb fällt es mir auch schwer, diese Tierschützer zu kritisieren. Trotzdem rufen unsere und über hundert weitere chinesische Organisationen dazu auf, dies nicht zu tun.

Diese Tierschützer unterstützen mit ihrem Geld die Hundefleisch-Industrie. Die Hundehändler und Hundediebe karren deshalb noch mehr Hunde heran, weil sie wissen, dass gutmütige Menschen während dieser Zeit noch mehr Geld für Hunde zahlen.

Wer in Yulin aus Mitgefühl Hunde und Katzen kauft, schadet ihnen schlussendlich. Es ist ein Teufelskreis.

Was schlagen Sie stattdessen vor?

Es ist wichtig, mit lokalen chinesischen Gruppen zusammenzuarbeiten, die verstehen die Gegebenheiten vor Ort. Mit dem Geld, das für die Hunde in Yulin ausgeben wird, sollte diesen Gruppen geholfen werden, die sich in ganz China für Hunde und Katzen einsetzen und Aufklärung betreiben. Die Tiere werden ja nicht gezüchtet, sondern gestohlen. Viele werden mit Zyanid vergiftet, dieses vergiftete Fleisch gerät dann in den Nahrungsmittelkreislauf. Dazu kommt, dass die lebenden Hunde, die über weite Strecken auf engstem Raum transportiert werden auch Krankheiten wie Tollwut verbreiten.

Die ganze Welt schaut jedes Jahr auf Yulin, in vergangenen Jahren haben auch Stars wie Matt Damon das Festival öffentlich verurteilt. Hilft diese internationale Aufmerksamkeit den Hunden und Katzen?

Es ist zweischneidig. Einerseits werden mit der weltweiten Berichterstattung über das Hundefleisch-Festival mehr Menschen darauf aufmerksam gemacht, dass es eine solche Schattenindustrie gibt. Andererseits konzentriert sich die Aufmerksamkeit nur auf dieses eine Festival. Wir machen uns zudem Sorgen, dass die internationale Empörung, den gegenteiligen Effekt haben könnte.

In China gibt es schon sehr viele Leute, die gegen den Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch sind, oder die sich einfach nicht dafür interessieren. Wenn jetzt aber Druck vom Ausland kommt, kann dies hier auch als Einmischung verstanden werden. Dann sagen Leute, die sich für das Thema zuvor nicht besonders interessiert hatten, «wir lassen uns doch nicht vom Westen vorschreiben, was wir essen dürfen». Wir setzen stattdessen auf Aufklärung: Wir haben in China Programme, in denen wir Therapiehunde in Krankenhäuser mitbringen, in Schulklassen oder in Blindenheime. Wir wollen zeigen, dass Hunde den Menschen helfen können, und dass sie umgekehrt auch von den Menschen respektiert werden sollen.

Sie engagieren sich seit über 30 Jahren für den Tierschutz in China. Welche Veränderungen haben Sie in dieser Zeit gesehen?

Es hat sich in den letzten dreissig Jahren bereits sehr vieles zum Positiven verändert. Und zwar schneller, als dies früher in vielen westlichen Ländern der Fall war. Immer mehr Chinesen wollen nun auch Haustiere halten, sie sehen sie als etwas an, dass ihnen Freude bringt. Seien es Familien, die wegen der Ein-Kind-Politik nun zusätzlich eine Katze oder einen Hund halten, oder alte Leute, die dank eines Haustieres weniger einsam sind.

Was sagen Sie jemandem, der findet, dass man Schweine und Hühner ja auch isst – weshalb denn nicht Hunde?

Das ist eine sehr gute Frage. Ich persönlich esse gar kein Fleisch. Auch die Massentierhaltung ist brutal. Als sogenannte beste Freunde der Menschen, sollten wir Katzen und Hunde nicht essen. Gleichzeitig müssten wir darüber hinausdenken, und uns fragen, was mit den Tieren ist, die genauso intelligent sind, Schmerzen genauso fühlen wie Hunde und Katzen. Auch diese Tiere verdienen unseren Respekt.

Das Gespräch führte Martin Aldrovandi.

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