Beste Hauptdarstellerin
Drei der nominierten Damen schnuppern zum ersten Mal Oscarluft: die Britin Olivia Colman («The Favourite»), Lady Gaga mit «A Star is Born» und Yalitza Aparicio in «Roma» mit ihrer ersten Filmrolle überhaupt. Die Nomination von Aparicio, die erste einer indigenen Mexikanerin, ist eine Sensation. Gewinnen wird aber die Schauspielerin, die seit 36 Jahren und sieben Nominationen auf ein Goldmännchen hofft.
Der Oscar geht an...
Glenn Close
1983 war die US-Amerikanerin zum ersten Mal für einen Oscar nominiert. Als beste Nebendarstellerin für «The World According To Garp». Fünf weitere Nominationen folgten, stets ging sie leer aus. Die Academy wird der Grande Dame des amerikanischen Kinos den Oscar diesmal nicht verwehren. Zumal Glenn Close in «The Wife» eine verkannte Autorin und ungerecht behandelte Ehefrau spielt. Eine Rolle, die in Zeiten vom Kampf um Gleichstellung, anspricht.
Hauptkonkurrentin ist...
Lady Gaga
Mit ihrer ersten Kino-Hauptrolle hat der Pop-Superstar Unglaubliches geschafft. «A Star is Born» ist ein weltweiter Kinohit, der oscarnominierte Filmsong «Shallow» in mehreren Ländern Nummer eins der Charts und Lady Gaga selber hat sich als Schauspielerin mehr als behauptet. Doch schlussendlich spielt die Sängerin, wenn auch sehr überzeugend, eine Sängerin und daher vor allem sich selbst.
Bester Hauptdarsteller
Vier der fünf nominierten Schauspieler sind in Rollen besetzt, die auf realen Personen basieren. Das ist kein Zufall, denn solche Rollen haben die besseren Oscarchancen. Bei den Männern haben in den letzten zehn Jahren sieben Schauspieler gewonnen, bei denen dies der Fall war. Somit hat Bradley Cooper, der in «A Star Is Born» als Einziger eine fiktive Rolle spielt, nur Aussenseiter-Chancen (obwohl ich persönlich, ihm den Oscar geben würde).
Der Oscar geht an...
Rami Malek
Für eine adäquate Verkörperung von Freddie Mercury in «Bohemian Rhapsody» studierte Rami Malek tausende Live-Auftritte des Queen-Sängers. Wochenlang lebte der amerikanische Schauspieler mit einer Zahnprothese im Mund. Seine Darstellung des legendären Musikers ist furios, energiegeladen und mitverantwortlich für den weltweiten Erfolg des Films. Dank seiner ägyptischen Abstammung ist Rami Malek zudem ein wunderbarer Vertreter der von Hollywood so angestrebten Diversität.
Hauptkonkurrent ist…
Christian Bale
Der Oscarpreisträger ging seine Rolle als US-Vizepräsident Dick Cheney in «Vice» noch extremer als Rami Malek an. Der Schauspieler frass sich 20 Kilo Körpermasse an, rasierte sich die Haare und liess seine Augenbrauen aufhellen. Malek hat die wichtigeren Schauspielpreise der Saison gewonnen. Es ist ein Haarnadel-Entscheid.
Bester Film
Acht Filme gehen ins Rennen um die prestigeträchtigste Trophäe. Je zehn Mal nominiert, haben «Roma» und «The Favourite» - auf dem Papier zumindest - die Nase vorn. Viel ausschlaggebender als die Anzahl Nominationen ist jedoch, wie mehrheitsfähig ein Film bei den Mitgliedern der Academy ist. Werke, die bei allen Stimmberechtigten mehr oder etwas weniger gut ankommen, haben eine Chance. Solche, die polarisieren, bleiben auf der Strecke. So verdient die Nomination von «Black Panther» ist, ein Superheldenstreifen ist an den Oscars (noch) nicht mehrheitsfähig. Genausowenig wie eine Polit-Satire («Vice»), überzeichnete Frauenmachtspiele («The Favourite») oder ein viertes Remake («A Star is Born»).
Das Beste vom Rest
Beste Nebendarsteller
Marhesala Ali in «Green Book» und Regina King in «If Beale Street Could Talk». Dank den meisten Saisonpreisen sind die beiden afroamerikanischen Schauspieler als Gewinner sozusagen gesetzt.
«Roma»
Das Gesellschaftsdrama des Mexikaners Alfonso Cuaron ist ein cineastisches Meisterwerk. Technisch und erzählerisch brillant, ist der in schwarz-weiss gedrehte Film der originellste der Sektion. Zudem hat «Roma» mit Abstand am meisten Preise der diesjährigen Award-Saison gewonnen. Es wäre nicht nur der erste Bester-Film-Oscar für eine Streaming-Plattform («Netflix»), sondern auch der erste für einen fremdsprachigen Film. Da zeigt die Academy viel Mut.