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«Behördenschreck»-Prozess Solothurner Richter-Beisser vor Gericht

  • Der Mann, der vor zwei Jahren in Solothurn einen Richter und im Gefängnis einen Polizisten gebissen hat, muss sich seit Freitag vor Gericht verantworten.
  • Ihm werden mehrere weitere Delikte zur Last gelegt: mehrfache Körperverletzung, Drohung, Beschimpfung, sexuelle Belästigung. Er bestreitet diese Taten nicht.
  • Der Mann gilt als Sympathisant des Brandstifters der St.-Ursen-Kathedrale in Solothurn und als Querulant.
  • Er war bereits 2010 wegen mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Beamte und Behörden zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden.

Viel Aufsehen erregte der Angeklagte am 28. Juni 2016. Im Amtshaus wollte ein Gerichtsschreiber des Solothurner Obergerichts dem Mann eine Gerichtsurkunde aushändigen. An diesem Tag fand die Berufungsverhandlung gegen den Brandstifter der St.-Ursen-Kathedrale statt.

Der Angeklagte lehnte die Annahme des Dokumentes ab – und trat den Gerichtsschreiber mit dem Fuss kräftig von hinten gegen das Steissbein und schlug dessen Kopf. Der Angegriffene rettete sich in den Sicherheitsbereich des Amtshauses.

Obszöne Briefe

Wenig später griff der Mann im Treppenhaus einen Oberrichter an und biss diesen in den Daumen. Mit Hilfe weiterer Personen konnte der Mann bis zum Eintreffen der Polizei am Boden fixiert werden.

Auch bei der späteren Befragung im Untersuchungsgefängnis kam es zu Gewaltausbrüchen. Zudem schrieb der Mann gemäss Anklageschrift einer Staatsanwältin Briefe mit Drohungen und sexuellen Belästigungen.

Die Anklageschrift listet vier Geschädigte und sieben Privatkläger auf. Das Amtsgericht Solothurn-Lebern wird den Fall zwei Tagen verhandeln. Den Vorsitz führt der Gerichtspräsident des Amtsgerichts Dorneck-Thierstein. Das Urteil soll Ende Monat verkündet werden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung werden ihre Anträge im Laufe der Verhandlung stellen.

Gerichtsszeichnung.
Legende: Der Prozess findet vor Amtsgericht Solothurn-Lebern statt. Den Vorsitz hat aber der Amtsgerichtspräsident aus Dornach. SRF

Als «Strafe» Büchsenmacher lernen

Der Angeklagte sass knapp ein Jahr lang in Untersuchungshaft. Das Obergericht entschied letztlich, dass der Mann unter Anordnung von Ersatzmassnahmen aus der Haft entlassen wird. Er befindet sich seit Juni auf einem Bauernhof im bernischen Chasseral-Gebiet.

Dort arbeite er gerne mit den Hunden, sagte der 55-Jährige vor Gericht aus. Parallel sei er in einer Weiterbildung zum Berufsbildner. Als passionierter Jäger und Sportschütze sei es aber sein grösster Wunsch, in Österreich eine Ausbildung zum Büchsenmacher zu absolvieren. Er würde es sehr begrüssen, wenn ihn das Gericht zu dieser Ausbildung «verurteilen» würde, so sein Vorschlag.

Er bezeichnet sich selber als Perfektionisten, strebe nach dem Null-Fehler-Prinzip und habe einen starken Willen. Als Unterstützung im Alltag könnte er sich die Hilfe eines Coaches vorstellen. Der müsste «normal» mit ihm umgehen und verlässlich sein. Eine stationäre Massnahme oder Gefängnis nütze bei ihm nicht, meint der Mann.

Gerichtszeichnung.
Legende: Der Angeklagte (links) lauscht den Ausführungen des psychiatrischen Gutachters (Mitte). SRF

Paranoides und narzisstisches Verhalten

Vor dem Gericht wurde auch ein psychiatrischer Gutachter befragt. Er sieht beim Angeklagten paranoide und narzisstische Züge. Der Mann sei bereits mehrmals mit Behördenvertretern und Beamten aneinander geraten und deshalb auch verurteilt worden. Deshalb habe er das Gefühl, die ganze Welt habe sich gegen ihn verschworen.

Die narzisstischen Züge hätten sich auch beim aktuellen Gerichtsverfahren gezeigt, so der Gutachter. Er vermittle den Eindruck, dass er keine Einmischung in seine Angelegenheiten akzeptiere und Probleme damit habe, Entscheidungen zu akzeptieren.

Dass der Angeklagte ein Waffen-Fan ist, sieht der Psychiater nicht als unmittelbares Risiko an. Die Lage eskaliere meistens aus der Situation heraus. Der Mann wisse mit Waffen umzugehen, würde aber nicht bewusst jemanden damit bedrohen.

Gerichtsgebäude wurde sicherer gemacht

Nach dem Angriff des Richter-Beissers hat das Solothurner Obergericht Konsequenzen gezogen. Das Gerichtsgebäude wurde sicherer gemacht. Es ist seither nicht mehr frei zugänglich.

Die Zugänge zum Gebäude sind neu geschlossen. Besucher müssen sich bei einer Loge anmelden. Diese Massnahme entspricht dem üblichen Sicherheitsstandard von Gerichtsgebäuden.

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