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Denkmalschutz für Namen Damit «Hüngeler» und «Knoblez» nicht vergessen gehen

Seit 1989 bewahrt eine Forschungsstelle alle Solothurner Orts- und Flurnamen vor dem Aussterben. Die Forscher gehen Region für Region der Bedeutung der Namen auf den Grund und halten sie in Büchern fest. Sicher bis 2022 werden sie noch zu tun haben.

Aktuell sind die Forscher daran, die Gelände-Bezeichnungen in den Amteien Solothurn-Lebern und Bucheggberg-Wasseramt zu ergründen. Auch die umstrittene Grenchner «Schlachthausstrasse» wird sie also bald beschäftigen. Forschungsstellen-Leiterin Jacqueline Reber ist gar nicht erfreut, dass die Stadt die «Schlachthausstrasse» von der Landkarte streichen will.

Schild Klosterplatz
Legende: Warum der Klosterplatz Klosterplatz heisst, ist ja noch einfach... SRF

SRF News: Welches ist ihr Lieblings-Flurname, Jacqueline Reber?

Jacqueline Reber: Lieblings-Flurnamen sind jene, die schön klingen. Wenn man beispielsweise im «Paradies» wohnt, oder an einer «Panoramastrasse». Mir persönlich gefällt auch «Lueg-is-Land». Interessant sind allerdings solche Namen, die man auf den ersten Blick nicht deuten kann.

Welche zum Beispiel?

Beispielsweise «Engelberg». Ich bin ursprünglich aus Engelberg in Obwalden. Es gibt aber im Kanton Solothurn auch einen Engelberg. Wenn man keine alten Belege hat, meint man vielleicht, das habe mit einem Engel zu tun. Richtig aber ist, dass es ursprünglich von einem Personennamen Endo oder Ando stammt.

Wanderwegweiser
Legende: ...aber warum wohl heisst die Rumpelweid Rumpelweid? SRF

Finden Sie immer heraus, was ein Flurname bedeutet?

Nein. Auch wenn wir über ganz alte Belege verfügen, finden wir das nicht immer heraus. Wenn wir einfach keine sprachgeschichtlichen Hintergründe finden und auch im Gelände nicht herausfinden, was ein Name bedeuten könnte. Das ist zum Teil sehr frustrierend, aber auch interessant.

Den Namen «Knoblez» in Niedergösgen konnten sie beispielsweise nicht entschlüsseln.

Da konnten wir nur Vermutungen anstellen, dass es mit dem Wort «Knoblauch» zu tun haben könnte. «Knoblauch» verweist in Flurnamen auf das Vorkommen von Knoblauch oder Bärlauch, oder aber auf den Familiennamen Knoblauch. Dann wäre also ein Knoblez-Acker ein Acker des Herrn Knoblauch oder eine Stelle, wo es sehr viel Bärlauch gegeben hat.

Wegweiser "Kellerbrünneli"
Legende: Keystone

Die Flurnamen-Forschungsstelle des Kantons Solothurn gibt es seit 1989. Sie sind aktuell 6 Personen, die sich 220 Stellenprozente teilen. Finanziert wird die Forschung vom Nationalfonds des Bundes und dem kantonalen Swisslos-Fonds. Wie oft müssen Sie den Leuten erklären, wofür es Ihre Forschung braucht?

Das muss ich oft tun. Das Problem ist halt, dass man Namen nicht wie ein Gebäude anfassen kann. Trotzdem muss man diese Namen sichern. Die Schönenwerder Stiftskirche würde man nie abreissen, weil das ein Kulturgut ist. Sprache und Flurnamen sind aber auch ein Kulturgut, nur kann man sie nicht anfassen, deshalb haben viele Leute Mühe damit.

Audio
Macht Flurnamen-Forschung Sinn, Jacqueline Reber?
aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 20.09.2018.
abspielen. Laufzeit 10 Minuten 15 Sekunden.

Kirchen reisst man tatsächlich nicht ab. Aber hässliche Wohngebäude schon. Ist es denn so schlimm, wenn ein Name wie «Lättweiher» verschwindet, wenn es dort nicht mehr lehmig ist und keinen Weiher mehr hat?

Es verschwinden tatsächlich sehr viele Namen, vor allem wegen der Überbauung. Natürlich muss man einem Ort nicht mehr so sagen, wenn es kein Sumpfgebiet mehr ist. Aber wenn man es nicht mehr sagt, dann weiss man in 100 oder 200 Jahren nicht mehr, wie es dort einmal ausgesehen hat, und das fände ich sehr schade.

Wegweiser Sulzfluh
Legende: Keystone

Die Stadt Grenchen will die Schlachthausstrasse umbenennen. Der Name wird als hässlich empfunden. Es läuft eine Umfrage, wie die Strasse künftig heissen soll. Die Stadt schlägt «Léon Breitling-Strasse» vor. So etwas ist für Sie demnach ein Graus?

Ich kann nachvollziehen, dass «Schlachthausstrasse» keine positiven Gefühle weckt. Aber wer entscheidet, was schön tönt und was nicht? Man müsste dann viele andere Namen auch umbenennen. Wohnt man denn gerne an einer «Friedhofstrasse» oder im «Sack»? Wenn man eine Strasse schon umbenennt, sollte man einen Bezug zur Natur oder zur Umgebung finden.

Können Sie eine Umbenennung verhindern?

Schlussendlich entscheidet der Gemeinderat. Wir haben da nicht wirklich Einfluss darauf. Es gibt zwar eine Flurnamenkommission, aber keine Strassenbenennungskommission. Zum Teil gibt es solche Kommissionen in der Schweiz, die haben dann ein Mitspracherecht. Ich bin gespannt, wie es herauskommt in Grenchen. Je nachdem müssen wir das in unseren Büchern dann berücksichtigen.

Das Gespräch führte Marco Jaggi.

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