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Finanzdirektor Markus Dieth im Gespräch (17.5.17)
Aus Regi AG SO vom 17.05.2017.
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Aargauer Kantonsfinanzen Finanzdirektor Dieth: «Wir brauchen grosse Unternehmen»

250 Millionen Franken Defizit jedes Jahr: Diese tiefroten Zahlen will die Regierung mit einem grossen Sanierungskonzept bekämpfen. 50 Millionen sofort einsparen, 100 Millionen mit langfristigen Reformen, 100 Millionen mehr einkassieren bei den Steuern. Finanzdirektor Markus Dieth im Gespräch.

Erst seit Jahresbeginn leitet Regierungsrat Markus Dieth (CVP) das kantonale Finanzdepartement in Aarau. Nun ist er quasi der oberste «Krisenmanager» im Kanton – muss die Staatskasse wieder auf Vordermann bringen.

SRF News: 250 Millionen Franken strukturelles Defizit. Was ist schief gelaufen im Aargau?

Markus Dieth: Es ist nichts schief gelaufen. Wir kämpfen mit Problemen, mit denen auch andere Kantone zu kämpfen haben, etwa wenn ich an die Gesundheitskosten denke, die bei uns um jährlich zwei Steuerprozente steigen. Hier die Kosten einzudämmen, das ist eine grosse Herausforderung.

Der Aargau galt lange als vorbildlicher Wirtschaftskanton, die Regierung hat das auch immer betont. Nun scheint alles anders zu sein. War also alles nur Schein?

Nein, wir haben auf die richtigen Karten gesetzt: Industrie 4.0, Hightech-Zentrum, Pharma. Hier ist der Aargau sehr gut aufgestellt. Wir haben aber damit zu kämpfen, dass wir ein sehr starkes Bevölkerungswachstum aufweisen und auf der anderen Seite unsere exportorientierten Unternehmen sehr geplagt waren durch den starken Franken und damit auch die Steuereinnahmen rückläufig waren.

Es ist also ein Strukturproblem, weil zum Beispiel die Metall- und Maschinenindustrie zu stark vertreten ist, die Strombranche auch. Aber es gibt zu wenig Banken, Pharmafirmen?

Der Aargau ist ein KMU-Kanton, das belegt auch eine aktuelle Studie. Viele Firmen ziehen aus den Kantonen Zürich und Zug zu uns. Das gibt Stabilität und sorgt für Arbeitsplätze. Auf der anderen Seite aber fehlen tatsächlich diese gewinnstarken Grossunternehmen. Hier müssen wir in der Wirtschafts- und Standortpolitik ansetzen.

Der Aargau ist ein KMU-Kanton. Das gibt Stabilität und Arbeitsplätze.

In Ihrem Reform- und Sparpaket setzen Sie vor allem bei Bildung und Gesundheit an. Das sind Bereiche, in denen die Bevölkerung am wenigsten sparen will. Weshalb tun Sie es trotzdem?

Man kommt nicht darum herum, auch die grossen Bereiche anzupacken, wenn man so eine Haushalts-Sanierung anpacken will. Der Bildungsbereich beansprucht rund 40 Prozent des Nettoaufwandes bei den Globalbudgets, weitere rund 30 Prozent verursacht der Gesundheitsbereich. Allein diese Zahlen machen deutlich, dass eine Sanierung ohne diese Posten nicht erfolgreich sein kann.

Entscheidend ist aber, dass sich solche Entlastungen gerade im Bildungsbereich nicht direkt auf die Schülerinnen und Schüler und ihren Lernerfolg auswirken. Sonst hat das keine Chance.

Kann man wirklich sparen, ohne dass sich das negativ auswirkt?

Die vom Regierungsrat vorgeschlagenen Massnahmen bedeuten sicher gewisse Einschränkungen. Wir sind aber überzeugt, dass wir dennoch im schweizerischen Vergleich im Gesundheits- und Bildungswesen sehr gut dastehen.

Wir haben auch Reformen, die eher längerfristig angelegt sind. Zum Beispiel die Verkürzung der Schulzeit bis zur Matura. Da braucht man im Aargau 13 Jahre, überall sonst nur 12 Jahre. Das werden wir anpacken. Aber diese Massnahme wird erst im Jahr 2025 greifen.

Es gab ja immer wieder Sparpakete und diese sind auch immer wieder gescheitert. Jetzt kommen die grossen Würfe, aber das Risiko bleibt: Das Parlament kann die Reformen zerzausen und das Stimmvolk kann sie versenken. Wie wollen Sie erreichen, dass es dieses Mal gelingt?

Ich glaube wir haben gezeigt, dass wir sparen können. Das beweisen ja die neusten Zahlen: Der Aargau hatte 2014 die tiefsten Ausgaben pro Kopf. Auf der anderen Seite geht es auch darum, Vertrauen zu schaffen und deshalb eben in einer Gesamtschau alles auf den Tisch zu legen. Wir wollen nicht mehr von Jahr zu Jahr mit Einzelübungen versuchen, den Haushalt einigermassen stabil zu halten.

Wir haben gezeigt, dass wir sparen können.

Stichwort Steuern: Es ist eine Steuererhöhung vorgesehen. Die Regierung hat immer wieder betont, der Aargau müsse steuerlich attraktiv sein. Schadet das jetzt nicht?

Nein, wir sind immer noch steuerlich äusserst attraktiv, zum Beispiel bei den Unternehmenssteuern. Wir haben im Sanierungskonzept nur etwa einen Drittel der Massnahmen auf der Ertragsseite, zwei Drittel sind Sparmassnahmen. Wir sind der Auffassung, dass deshalb auch die Steuern diskutiert werden müssen.

Ich betone aber: Es ist ein dynamischer Prozess. Es ist durchaus denkbar, dass das Parlament zum Beispiel Übergangsregelungen vorschlägt, da sind wir offen. Es ist auch möglich, dass wir mehr Geld aus dem nationalen Finanzausgleich erhalten. Wir sind nicht darauf erpicht, die Steuern zu erhöhen. Aber wir müssen den Gesamthaushalt sanieren.

Aus linker Perspektive kann man sagen: Dieser Steuerwettbewerb ist sogar ein Grund dafür, dass es jetzt so schlecht läuft?

Das denke ich nicht. Wenn wir mit den Unternehmen sprechen oder auch diese Studien zeigen ja, dass die Firmen in den Aargau ziehen wollen. Wir brauchen aber grössere, ertragsstarke Unternehmen. Da müssen wir Kraft investieren. Diese Firmen könnten uns helfen, den grossen und schweren Tanker Kanton Aargau in etwas ruhigere See zu schiffen.

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