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Aargau Solothurn Grossmacht Solothurn: Sind 43'000 Einwohner zu viel?

Was bringt eine Fusion der Stadt Solothurn mit den Gemeinden Biberist, Zuchwil, Derendingen und Luterbach? «Demokratieverlust», kritisieren Gegner wie Luterbachs Ex-Gemeindepräsident Hugo Schumacher (SVP). «Gemeinsam sind wir stark», kontert Solothurns Stadtpräsident Kurt Fluri (FDP).

Die Aargauer Kantonshauptstadt zählt etwas mehr 20'000 Einwohner. Die Hauptstadt Solothurns könnte künftig mehr als doppelt so gross sein. Fusioniert Solothurn mit vier Nachbargemeinden, würde die Stadt auf 43'000 Einwohner anwachsen.

«Top5» wird die Fusion von jenen genannt, welche sie unterstützen. Solothurns langjähriger Stadtpräsident Kurt Fluri (FDP) gehört dazu. Er sieht in einem grösseren Solothurn insbesondere folgende Vorteile:

  • Einwohnerzahlen der Region:

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    • Solothurn: 43'000?
    • Aarau: 20'400
    • Wettingen: 20'200
    • Baden: 18'600
    • Olten: 17'300
    • Grenchen: 16'400
    Solothurn wird schlagkräftiger: Als Stadt mit 43'000 Einwohnern hätte Solothurn mehr Gewicht im Kanton und unter den Städten im Mittelland, das wäre ein Standortvorteil.
  • Es wächst zusammen, was zusammen gehört. «Wenn man nachts vom Weissenstein hinunter schaut: Da kann niemand mehr sagen, wo eine Gemeinde anfängt. Wir hängen überall zusammen.»
  • Mittel- und langfristig sind mit einer Fusion Einsparungen möglich: «Wir werden Verwaltungsabteilungen zwangsläufig zusammenlegen.»

«Top5»? Fusions-Kritiker hoffen vielmehr auf einen «Flop5». Zu ihnen gehört Hugo Schumacher (SVP). Der Kantonsrat und frühere Gemeindepräsident von Luterbach will nicht Städter werden, sondern Dörfler bleiben. Er sieht nur Nachteile in einer Fusion:

  • Trend zu grösseren Gemeinden

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    1860 gab es in der Schweiz noch 3146 Gemeinden, im Jahr 2014 waren es nur noch 2352. Durchschnittlich nimmt die Anzahl Gemeinden pro Jahr um 30 ab. Auch in Solothurn wird fusioniert. Gab es 1992 noch 130 Gemeinden, waren es 2014 nur noch 109.

    Abbau der Volksrechte: In einer fusionierten Gemeinde hat der Einzelne weniger Einfluss auf die Politik. «Ich werde in eine Minderheit versetzt. Meine Stimmkraft sinkt massiv. Heute bin ich einer von 2500, später einer von 35‘000 Stimmberechtigten.»
  • Identitätsverlust: Die jetzigen Gemeinden wären nur noch Aussenquartiere der Stadt. «Ich müsste nach Solothurn an die Gemeindeversammlung.»
  • Kein Nutzen: Was bringt eine grössere Stadt mit mehr Schlagkraft dem Einzelnen? «Als Luterbacher frage ich mich schon: was ist mein konkreter Nutzen aus diesem Theoretischen heraus? Da komme ich auf wenig Zählbares, wo ich nach der Fusion besser gestellt wäre.»

Dörfler nur noch Statisten?

Kurt Fluri (steht links) und Hugo Schumacher stehen auf dem Klosterplatz in Solothurn, im Hintergrund die St. Ursenkathedrale.
Legende: Solothurns Stadtpräsident Kurt Fluri (links) und der Luterbacher Kantonsrat Hugo Schumacher kreuzen die Klingen. Bähram Alagheband/SRF

Würde Luterbach bei einer Fusion also zum unbedeutenden Aussenquartier von Solothurn? Würden die Dörfler von den Städtern überfahren?

Stadtpräsident Kurt Fluri verneint. In einer fusionierten Gemeinde wären im Gegenteil die Städter nur noch eine Minderheit: «Angenommen, es würden alle miteinander fusionieren, dann hätte die Stadt ja nur 17'000 Einwohner, der Rest käme von den anderen vier Gemeinden.»

Städter müssten höhere Steuern zahlen

So gehts weiter:

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Dezember 2015: Gemeindeversammlungen stimmen über Fusion ab.

Februar 2016: Urnenabstimmungen in jenen Gemeinden, welche die Fusion an der Versammlung annehmen.

Herbst 2017: Neuwahlen

Januar 2018: Start der neuen Gemeinde

Eine der zentralen Fragen bei der Fusion ist jene nach dem künftigen Steuerfuss. Der Fusionsvertrag rechnet mit 122 Prozent. Das würde bedeuten, dass die Städter mehr Steuern zahlen müssten als heute, die vier Gemeinden aber weniger.

Weniger Steuern für Luterbacher? Für Hugo Schumacher (SVP) ist dies kein Grund, einer Fusion zuzustimmen. Er traut den Berechnungen nicht: «Wenn man die Räume grösser macht und die soziale Kontrolle fehlt, wird es teurer. Es braucht ja dann auch eine professionellere Verwaltung.»

«Wenn das stimmen würde, müsste die Stadt ja einen höheren Steuerfuss haben als die Gemeinden», widerspricht Kurt Fluri (FDP).

Glaubt Fluri wirklich, dass die Stadtsolothurner bereit sind, mehr Steuern zu zahlen, um mit Biberist, Derendingen, Zuchwil und Luterbach fusionieren zu können? «Kommt darauf an, wie kurzfristig die Leute denken, ob sie wirklich nur auf den Steuersatz fixiert sind.»

Gemeindeversammlung für 40'000 Einwohner?

Stadtansicht von Solothurn mit fünf Gemeindewappen
Legende: Kommt es zur Fusion, würde die neue Gemeinde «Solothurn» heissen und das heutige Wappen der Stadt übernehmen. SRF/Montage

Ein weiterer umstrittener Aspekt der Fusion ist die Gemeindeordnung. Ursprünglich wurde vorgeschlagen, dass die neue Stadt eine mehrköpfige Regierung und ein Parlament erhält. Nach Kritik, das führe zu «Demokratieverlust», wurde nun im Fusionsvertrag darauf verzichtet. Vielmehr soll es auch im künftigen Solothurn eine Gemeindeversammlung geben.

Kurt Fluri ist auch Präsident des Schweizer Städteverbandes und weiss: «Es gibt keine Stadt mit 40'000 Einwohnern, die eine Gemeindeversammlung hat. Es gibt auch keine mit 17'000 Einwohnern. Grenchen und Solothurn sind diesbezüglich heute Exoten.»

Eine Gemeindeversammlung für 40'000 Einwohner, kann das funktionieren? Hugo Schumacher hat Zweifel. Er befürchtet, dass schon bald nach der Fusion die Gemeindeversammlung aufgegeben und doch ein Parlament eingeführt würde.

Fluri will die Frage der besten Gemeindeordnung bewusst der künftigen Gemeinde überlassen. «Warum sollen wir bereits heute über eine solch wichtige Frage entscheiden?» Er lässt durchblicken, dass er eine grosse Gemeindeversammlung aber durchaus für durchführbar hält, «etwa im Sportzentrum Zuchwil».

Nur «Top3» statt «Top5»?

Audio
Kurt Fluri und Hugo Schumacher streiten über die Gross-Fusion Solothurn (24.4.2015)
16:15 min
abspielen. Laufzeit 16 Minuten 15 Sekunden.

Es ist möglich, dass am Schluss die Stadt nur mit einer oder zwei Gemeinden fusioniert. Wäre das dem jetzigen Stadtpräsidenten denn noch schlagkräftig genug? «Jede Zusammenlegung mit jeder Gemeinde ist sinnvoll», meint Kurt Fluri. Eine Dreierfusion wäre einfach «ein Anfang eines weiteren Prozesses».

Denn: «Wir haben so viele Schnittstellen zwischen den Gemeinden, die wir lösen müssen, da bleibt das Thema Fusion bestehen.»

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