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Ostschweiz St. Gallen wirft über 400 Pensionäre aus einer Versicherung

Bisher bot der Kanton St. Gallen seinen ehemaligen Angestellten samt Ehegatten eine Unfallzusatzversicherung an. Diese wird nun ersatzlos gestrichen. Betroffen sind 429 Personen. Sie kommen aufgrund des Alters kaum bei einer neuen Versicherung unter. Der Kanton kann keine Hilfe bieten.

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St.Gallen streicht Versicherungen (10.09.2014)
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Einmal auf der Treppe ausgerutscht, und der Oberschenkel ist gebrochen. Stürze sind besonders gefährlich bei älteren Menschen. Von Vorteil ist dann, wenn man gut versichert ist. Über 400 ehemalige Angestellte des Kantons St. Gallen sowie Ehepartner haben deshalb über ihren früheren Arbeitgeber eine Unfallzusatzversicherung abgeschlossen. Die Zusatzversicherung ermöglicht laut Auskunft von Betroffenen eine deutlich bessere finanzielle Unterstützung, sei es im Spital, bei der Pflege zuhause oder in der Rehabilitation.

Kanton St. Gallen streicht die Versicherung

Dieses Angebot schafft der Kanton St. Gallen nun per 2015 ab. In einem Brief an die Versicherten, verschickt im Dezember 2013, heisst es: «Nach gründlicher Abwägung hat sich das Personalamt entschieden, den Kollektivversicherungsvertrag mit der AXA Winterthur per Ende 2014 aufzulösen». Auslöser sei die Gründung der rechtlich selbstständigen St. Galler Pensionskasse. Im Brief heisst es weiter, die Versicherten sollten doch die Möglichkeit prüfen, ob sie eine solche Zusatzversicherung neu bei ihrer Krankenkasse abschliessen könnten.

Bei einer 89-jährigen Frau dürfte es schwierig sein, eine Zusatzversicherung abzuschliessen.
Autor: Paul Rhyn Sprecher Krankenkassenverband Santésuisse

Diesen Brief erhalten hat auch die 89-jährige Mutter von Daniel Weder. Der Sohn hat sich bei Radio SRF gemeldet, nachdem alle Versuche für eine Lösung gescheitert sind. Im Gespräch erzählt Daniel Weder, dass er zuerst über den Brief erstaunt gewesen sei. Der Hinweis, man könne die Zusatzversicherung erneut bei einer Krankenkasse abschliessen, habe ihn aber beruhigt. Für seine Mutter telefonierte der Sohn im Januar mit mehreren Versicherungen. Die Antworten seien ernüchternd gewesen: «Die Versicherungen haben gesagt, es täte ihnen sehr leid, aber dies sei einfach nicht möglich». Man nehme Pensionäre nicht neu in eine Zusatzversicherung auf.

Diese Beobachtung bestätigt auch Paul Rhyn, Sprecher des Krankenkassenverbands Santésuisse. Bei Zusatzversicherungen würden die Versicherer nur das individuelle Risiko betrachten. Je älter jemand sei, desto mehr Kosten würden anfallen. Wenn also jemand erst mit 89 in die Versicherung eintrete, lohne sich das für die Krankenkassen nicht. Falls doch jemand aufgenommen werde, sei die Prämie entsprechend hoch.

Betroffen sind 429 Rentner und Rentnerinnen

Daniel Weder bat schliesslich den Kanton um Hilfe. Im Mai 2014 antwortete der St. Galler Regierungsrat Martin Gehrer. Der Entscheid, der 429 Pensionierte betreffe, sei nicht leichtfertig erfolgt, schreibt der Regierungsrat, doch fehle die Rechtsgrundlage. Auch liesse sich «der administrative Aufwand mit den knappen personellen Ressourcen im Personalamt nicht bewältigen».

Gegenüber Radio SRF präzisiert Regierungsrat Gehrer, eine rechtliche Grundlage habe bereits zuvor nicht existiert. Es habe sich um ein Angebot für die Mitarbeitenden gehandelt, das sich theoretisch weiterführen liesse. Doch im Rahmen der Sparpakete habe man Stellen abgebaut, die Folge: «Wir können nicht zusätzliche Aufgaben übernehmen, für die wir nicht verpflichtet sind». Wie gross der finanzielle Aufwand wäre, konnte der Regierungsrat nicht beziffern.

Was den Abschluss einer neuen Versicherung angeht, war selbst der Kanton St. Gallen nicht erfolgreich. In einem weiteren Brief vom März 2014 heisst es: «Die AXA Winterthur sieht sich auch nicht in der Lage, die Versicherung als Einzelversicherung in Härtefällen weiterzuführen». Gegenüber Radio SRF sagt Regierungsrat Gehrer, das Problem könne in Zukunft allenfalls abgeschwächt werden, wenn bei einer Neuausschreibung der Versicherung das Problem nochmals neu betrachtet werde.

Wenn man eine Versicherung braucht, dann wird sie gekündigt.
Autor: Werner Ritter Anwalt

Nun wehrt sich Daniel Weder für seine 89-jährige Mutter juristisch. Der Fall liegt bei Werner Ritter, Anwalt und CVP-Kantonsrat. Dieser wählt deutliche Worte: «Nach meiner Beurteilung konnten die Leute davon ausgehen, dass sie lebenslang bei dieser Versicherung bleiben können». Mit der Kündigung verletzte der Kanton Treu und Glauben. Das Argument, der Aufwand sei zu gross, erachtet Ritter als vordergründiges Argument. «Der Kanton hätte mit der Pensionskasse eine Vereinbarung abschliessen können, um die verbliebenen Versicherten zu betreuen», so der Anwalt, dann wäre das Problem vom Tisch gewesen.

Regionaljournal Ostschweiz; 17:30 Uhr

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