«Weichensteller» heisst das Buch, in welchem Hansueli Gürber über seine Arbeit spricht: «Ich wollte schon immer ein Buch schreiben, meine Erfahrungen zu Papier bringen», erklärt Gürber als «Regionaljournal Wochengast». «Und als dann die Anfrage des Verlags kam, nahm ich dankend an.» Es sei ihm keineswegs darum gegangen, sich und sein Wirken wieder ins rechte Licht zu rücken.
Den Fall «Carlos» habe er fast verdaut. Nur etwas bedauert er nach wie vor: «Es war saublöd, dass ich Carlos in diesen DOK-Film hereingenommen habe.» Viel mehr darf er zum Fall auch nicht sagen. Er ist auch nach seiner Pensionierung ans Amtsgeheimnis gebunden.
«Gürber-Settings» haben sich bewährt
Seinen Weg, individuelle Lösungen für besonders schwierige Fälle zu suchen – er hat auch schon den Begriff «Gürber-Setting» gehört – hält er nach wie vor für den besten. «Ganz einfach darum, weil ich ihn während 15 bis 20 Jahren praktiziert habe – meistens erfolgreich.»
Wenn man sehe, dass ein Jugendlicher auch noch im vierten Heim scheitere, dann müsse man sich vielleicht schon mal die Frage stellen, ob man nicht etwas ändern könnte. «Den Jugendlichen zum Beispiel an einem Ort platzieren, wo das Personal nicht nur seine Pflicht erfüllt, sondern eine echte Beziehung zu ihm aufbaut, wo man ihm zu verstehen gibt: Du, es liegt mir etwas an dir.»
Keiner will sich mehr die Finger verbrennen an «Sondersettings»
Gürber stellt fest, dass dieser Weg heute kaum noch gewählt wird. «Sicher hat dazu der Fall «Carlos» beigetragen.» Keiner wolle sich mehr die Finger verbrennen. Der ehemalige Jugendanwalt hält das für einen Fehler. «Und es ist auch kontraproduktiv. Die Rückfallgefahr ist kleiner, wenn für einen schwierigen Jugendlichen eine individuelle Lösung gewählt wurde.» Zwar gebe es keine Statistik, die das belegen könnte, so Gürber, «aber meine Erfahrung reicht mir.»