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Textilindustrie
Aus Regionaljournal Zürich Schaffhausen vom 06.12.2018.
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Zürcher Textilindustrie Neues Leben in alten Fabriken

Das Zürcher Oberland war einst Hotspot der Textilindustrie. Die leeren Fabrikgebäude werden heute verschieden genutzt.

Es war die ideale Kombination von Wasser und Gefälle, die im 19. Jahrhundert viele Textilunternehmer ins Zürcher Oberland brachte. Das Spinnen und Weben wurden hier schon seit dem 17. Jahrhundert in Heimarbeit gepflegt.

Mit der Mechanisierung schossen entlang den Läufen der Töss, der Jona, des Aabachs und vieler anderer Gewässer im bergigen Oberland grosse Spinnereien und Webereien wie Pilze aus dem Boden. «Die Unternehmer kauften Wasserrechte, errichteten Fabriken und bauten vielerorts noch zusätzliches Gefälle ein», sagt Claudia Fischer, Lokalhistorikerin in Wetzikon.

Das Zürcher Oberland wurde zur ersten und wichtigsten mechanisierten Textilindustrieregion Europas. Bauern aus der Region sowie Arbeiterinnen und Arbeiter aus der ganzen Schweiz fanden in den neuen Spinnereien und Webereien ein Auskommen. Viele von ihnen wohnten in den Kosthäusern, welche die Textilbarone neben ihre Fabrikanlagen stellten.

Heute bieten viele dieser Kosthäuser weiterhin günstigen Wohnraum an. «Praktisch alle Asylsuchenden der Gemeinde Seegräben wohnen in diesen Häusern, Tür an Tür mit den anderen Mietern. Das funktioniert sehr gut», sagt Daniel Haldimann, Immobilienbewirtschafter der ehemaligen Spinnerei Aathal.

Wie weiter nach dem Aus?

In den 1970er Jahren begann der Niedergang der Zürcher Oberländer Textilindustrie. Preisgünstige Stoffe aus Indien und anderen asiatischen Ländern drangen auf den Markt, die Konkurrenz war zu gross. Immer mehr Fabriken standen leer und wurden unter Denkmalschutz gestellt. Findige Immobilienunternehmer machten sich an die Umnutzung.

Wunschreportage zum Jubiläum

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Legende: SRF

2018 feiern die SRF-Regionaljournale ihr 40-jähriges Bestehen. Im November haben die Redaktionen Vorschläge des Publikums für eine Wunschreportage gesammelt. Mittels eines Online-Votings wurde in jeder Region eine Reportage gekürt, welche die Redaktorinnen und Redaktoren nun umgesetzt haben.

Die fertigen Reportagen werden zwischen dem 10. und dem 21. Dezember in den Regionaljournal-Sendungen ausgestrahlt und online aufgeschaltet.

Heute sind die meisten dieser historischen Fabrikbauten mit neuem Leben gefüllt. Im Guyer-Zeller'schen Industrie-Ensemble Neuthal entstand ein Spinnerei- und Weberei-Museum. «Das war unsere Idee einer Umnutzung: Wir wollten die alten Maschinen wieder aufstellen und sie der Öffentlichkeit zeigen», erklärt Hanspeter Hulliger. Er leitet den Verein zur Erhaltung alter Handwerks- und Industrieanlagen im Zürcher Oberland, der das Museum und die historischen Wasserkraftanlagen pflegt und betreibt.

Hotel, Restaurant, Fitness, Lofts

Prominentes Beispiel einer diversifizierten Neunutzung ist die einstige Grossweberei «Bleiche» in Wald. Sie schloss 1988 ihre Tore. In den ehemaligen Industriegebäuden auf dem grossen Fabrikareal sind heute ein Hotel, ein Restaurant, ein Bad, ein Fitnesscenter sowie zahlreiche Gewerbetreibende und Künstler zuhause; die «Bleiche» bietet auch luxuriöse Fabriklofts an.

Initiator des Umbaus ist Andreas Honegger, einer der Erben des Familienunternehmens. «Von der gesamten Textilindustrie waren nur die leeren Hüllen übriggeblieben. Das war trostlos», sagt Honegger. «Deshalb betrachtete ich es als meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass alles wiederbelebt wird und weitergeht.»

Garn und Seide aus dem Hügelland

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Im bergigen Zürcher Oberland stiess die Agrarwirtschaft bereits im Spätmittelalter an ihre Grenzen. Hier wuchs kein Wein wie im Zürcher Unterland, und der Anbau von Getreide war schwierig. In den weit verstreuten Höfen brachte das Weben und Spinnen von Baumwolle deshalb ein willkommenes Zubrot.

Die Erfindung der Spinn- und Webmaschinen machte dann eine Konzentration des Gewerbes an günstigen Standorten notwendig: Für den Betrieb der Maschinen brauchte es zwingend Wasserkraft, die Fabriken entstanden deshalb entlang von Wasserläufen wie Töss, Jona, Kempt oder Aabach.

Es waren keine isolierten Produktionsanlagen. Neben den eigentlichen Fabrikgebäuden vereinten sie vielmehr Verwaltungsgebäude, Lagerhallen, Stallungen, Arbeiterwohnhäuser, die Fabrikantenvilla und häufig auch den dazugehörigen Park. Dazu kamen teils komplexe Wasserkraftanlagen wie Wehre, Kanäle, Speicherbecken und teils abenteuerliche Transmissionsanlagen.

Der Boom der Textilindustrie im Zürcher Oberland begünstigte auch das Wachstum einer vielfältigen Sekundärindustrie. So entstanden hier Giessereien und Textilmaschinenfabriken, zudem gab es zahlreiche Färbereien und Stoffdruckereien. Auch die Seidenindustrie war zum Schluss im Zürcher Oberland vertreten.

(SRF 1, Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 12:03 Uhr/17:30 Uhr)

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