Es ist noch nicht lange her, da galt: Kaderleute in der Wirtschaft sind auch Kaderleute in der Armee. Heute sehe das ganz anders aus, sagt Guido Schilling. Er beschäftigt sich als Headhunter mit der Besetzung von Spitzenpositionen in der Schweizer Wirtschaft.
Heute würden die jungen, ambitionierten Führungskräfte ins Ausland geschickt. Auch seien die Führung im Militär und jene von global ausgerichteten Unternehmen stark auseinander gedriftet. Schilling sagt, der Führungsstil in der Armee habe mit der Realität in der Wirtschaft kaum mehr etwas zu tun.
Der Headhunter hat mehr als 1000 Diensttage geleistet und war Hauptmann einer Radfahrerkompanie. Ein Armeegegner ist er also nicht. Aber in Unternehmen arbeite man viel mehr in Projekt-Organisationen oder international. Dies lerne man in militärischen Weiterbildungen nicht, sagt Schilling.
Militärische Ausbildung ist eine Randnotiz
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Auch Dominik Bruelisauer sieht die Vereinbarkeit von Armee und Beruf kritisch. Er ist Chef des Schweizer Ablegers der US-Headhunterfirma Heidrick and Struggels und war selber nur im Zivilschutz. Sein Beispiel zeigt: Karriere ist auch möglich ohne Militärdienst. Wichtig sei, dass die Kompetenzen eines Kandidaten auf die Position passten. Die Ausbildung – auch die militärische – sei eine Randnotiz.
Das kennt auch Rainer Gubler, Geschäftsführer der Personalberatung Humanis in Zürich. Der ehemalige Hauptmann bei der Logistiktruppe stellt bei heutigen Bewerbungsdossiers fest, dass eine militärische Karriere sogar ausgeblendet werde. «Wahrscheinlich herrscht die Angst vor, dies könnte im Auswahlprozess gefährdend sein.»
Das habe auch damit zu tun, dass in vielen Schweizer Unternehmen mittlerweile ausländische Chefs sitzen, sagt Headhunter Schilling. Ein Konzernmanager habe oft gar keinen Bezug zum schweizerischen Milizsystem. Da könne es schon vorkommen, dass das Unverständnis der Vorgesetzten zum Nachteil eines jungen Offiziers werden könnte.
Nur in rein schweizerischen KMU, die oft noch von einem Patron geführt würden, sei mehr Verständnis für die Armee vorhanden, stellen die Experten fest. Ansonsten sehen viele Firmen den Dienst in der Armee bloss als Zeit, die die Mitarbeiter nicht dem Unternehmen dienen.
Kaum mehr Unterstützung vom Arbeitgeber
Wie schwierig Militär und Karriere zu vereinbaren sind, zeigt auch eine aktuelle Umfrage, die die Armee selber durchgeführt hat. Weniger als die Hälfte der befragten Soldaten findet Unterstützung beim Arbeitgeber. Noch weniger glauben, einen persönlichen Nutzen für das Zivilleben zu ziehen.
Deshalb glaubt Headhunter Schilling, die Armee werde es in Zukunft nicht einfach haben, genug Leute zu finden. Denn engagierte Nachwuchskader aus der Wirtschaft würden sich diese Doppelbelastung nicht mehr leisten können.
Für die Personalvermittler und Headhunter ist deshalb klar: Die Armee muss sich anpassen. Das heutige Durchdienen sei bereits eine Option. Doch es brauche noch mehr Flexibilität, den Militärdienst zu einem Zeitpunkt zu leisten, wenn es für Beruf und Karriere nicht schädlich ist.