Die Finanzierung unserer Renten wird immer schwieriger. «Wir kommen in eine neue Ära», sagt Martin Kaiser, Rentenexperte des Arbeitgeberverbands. «Wir haben heute 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner. In 15 Jahren wird sich diese Zahl praktisch verdoppeln.»
Darum findet Kaiser es abwegig, dass die Gewerkschaften die AHV-Renten ausgerechnet jetzt um zehn Prozent erhöhen wollen. Es seien in Zukunft schlicht zu wenig Werktätige da, um das Geld für die Rentner aufzubringen. Zudem findet er es unseriös, dass der Vorschlag die schon bestehenden Finanzierungsprobleme ausblende. Wenn man bei der AHV fortfahre wie bisher, klaffe in der Kasse in 15 Jahren jährlich ein sieben-Milliarden-Loch.
Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, sieht das ganz anders. Das eigentliche Finanzierungsproblem heutzutage hätten die Pensionskassen, nicht die AHV. Denn die Pensionskassen hätten bisher auch stark davon gelebt, dass sie am Kapitalmarkt Geld verdienten. Doch diese Grundfeste breche in Zeiten der Negativzinsen nun einfach weg. Deshalb sei die Stärkung der AHV sozial- und wirtschaftspolitisch «das einzig Vernünftige in der gegenwärtigen Situation».
Pensionskassen-Verlust auffangen
Der zu erwartende Verlust bei den Pensionskassen müsse von der AHV aufgefangen werden, so Lampart. «Die AHV hat ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis; man erhält viel Rente für relativ wenig Geld. Im Unterschied zu den Pensionskassen, bei denen die Beiträge stark steigen und die Leistungen aber sinken.» Finanzierbar sei das durchaus, wenn die Wirtschaft weiter einigermassen rund laufe. Dann genüge die Erhöhung der AHV-Lohnabgabe von 4,2 auf 4,6 Prozent, um die Alterung der Bevölkerung aufzufangen.
Kaiser von den Arbeitgebern widerspricht auch hier grundsätzlich. Selbst wenn man eine Erhöhung der AHV finanzieren müsste, dann sicher nicht über Erhöhung der Lohnnebenkosten. Diese Idee sei nicht sinnvoll. «Die Schweiz ist massiv unter Druck mit dem starken Franken. Es droht Arbeitsplatzabbau. Und das ist doppelt schädlich; für den Werkplatz Schweiz und für die AHV.»