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Autobahnvignette 100-Franken-Vignette: Abzockerei oder leichte Erhöhung?

Die 100-Franken-Vignette spaltet die Geister. Mit dem zusätzlichen Geld will der Bund den neuen Netzbeschluss (NEB) finanzieren. 383 Kilometer bestehende kantonale Strecken sollen neu ins Nationalstrassennetz aufgenommen und unterhalten werden. Ein Überblick von Pro und Contra.

Für ein Ja zur 100-Franken-Vignette am 24. November setzen sich der Bundesrat, die Mitte-Parteien CVP und FDP, ein überparteiliches linkes und ein bürgerliches Ja-Komitee ein. Die SP ist unentschlossen, sie hat die Stimmfreigabe beschlossen.

Die SVP ist klar gegen eine teurere Vignette. Auf der Gegnerseite kämpfen auch die Autolobby und ein überparteiliches Nein-Komitee, bestehend aus SVP und vereinzelt auch FDP-Politikern. Unterstützung erhalten sie von ökologischer Seite: Die Grünliberalen, die Grünen und der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) stellen sich gegen die Abstimmungsvorlage – wenn auch aus anderen Gründen. Sie argumentieren: Damit werde mehr Geld generiert als für den Unterhalt der Autobahnen nötig sei – und weitere Autobahnen wollen sie nicht.

Die Diskussion um eine teurere Vignette wird sehr emotional geführt. Das zeigt bereits die Einordnung des geplanten Aufschlags von 40 auf 100 Franken: Die Befürworter sprechen von bescheidenen Mehrkosten von 17 Rappen pro Tag. Für die Gegner ist der Aufschlag von 150 Prozent «Abzockerei».

Die Argumente der Befürworter

Zuerst zu den Befürwortern und ihren Argumenten: Allen voran steht Verkehrsministerin Doris Leuthard. «Es ist keine Abzockerei», sagt sie entschieden. Für das zusätzliche Geld bekomme man auch etwas: Das Strassennetz werde verbessert, Engpässe beseitigt und neue Umfahrungen gebaut. «Das ist nicht gratis. Zudem wurde die Vignette seit 20 Jahren nicht teurer.»

Warum die teurere Vignette?

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Schweizer Stimmbürger entscheiden am 24. November, ob die Autobahnvignette künftig 100 Franken kosten soll. Mit dem zusätzlichen Geld will der Bund den sogenannten neuen Netzbeschluss des Parlaments finanzieren. Worum es genau geht, lesen Sie hier.

Für die 100-Franken-Vignette kämpfen auch vereinzelt SVP-Politiker. Allen voran Jakob Stark, Regierungsrat der SVP im Kanton Thurgau und Präsident der Konferenz kantonaler Baudirektoren. Stark sagt: «400 Kilometer des Strassennetzes gehen vom Kanton an den Bund über und werden zu Nationalstrassen. Das entlastet die Kantone und die Regionen. Es werden Umfahrungen realisiert, die sonst nicht möglich wären.» Das zusätzliche Geld komme schliesslich den Autofahrern zugute.

Stark erhält Unterstützung aus den eigenen Reihen: SVP-Ständerat This Jenny sagt: «Weniger Stau, problemlos ins Tessin, mehr Sicherheit und zusätzliche Strassen – das alles für 60 Franken.»

Und der Vorstand des Schweizerischen Baumeisterverbands, Urs Hany, fügt an: Die Kantone hätten bereits gewarnt: Bei einer Ablehnung könnten zahlreiche dringende Ausbauprojekte nicht realisiert werden. Er zitiert die Konferenz der Kantonsregierungen (KDK): Bei einem Ja werde die Bevölkerung von besseren Verkehrsverbindungen profitieren und durch Ortsumfahrungen vom Lärm entlastet. «Der Netzbeschluss bringt ihnen eine finanzielle Entlastung.»

Die Vignette seit 1985

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1984 beschliesst das Volk, eine befristete 30-Franken-Vignette auf Autobahnen einzuführen. 1985 wird sie eingeführt und 1994 in der Verfassung verankert. Gleichzeitig wird festgelegt: Der Bund muss die Einnahmen für den Strassenverkehr einsetzen. Die Kantone erhalten 10 Prozent davon. Die Vignette kostet ab 1995 neu 40 Franken.

Für das bürgerliche Ja-Komitee ist zudem der Aufschlag von 60 Franken moderat. Er entspreche lediglich einer Tankfüllung pro Jahr. Unterstützung erhält das Komitee vom Grünen Guy Morin, Regierungspräsident in Basel-Stadt: «Die Autofahrer wurden in den letzten Jahren gegenüber den ÖV-Benutzern privilegiert.» Während die ÖV-Benutzer tiefer in die Tasche greifen mussten, seien der Vignettenpreis, die Mineralölsteuer sowie der Mineralölsteuerzuschlag seit Jahren nicht mehr erhöht worden. «Es ist ein grünes Anliegen, Mobilität über Preise zu steuern.»

Mit diesem Argument dürfte Morin auch seine Parteikollegen im Blick haben: Die Grünen lehnen, wie die Grünliberalen, die Abstimmungsvorlage ab. Das Argument: «Mehr Geld für die Strasse bedeutet einen Ausbau des Netzes. Diesen Ausbau will ich nicht», sagt Regula Rytz, Co-Präsidentin Grüne.

Die Argumente der Gegner

Ausser den grünen Parteien wollen alle einen Ausbau des Nationalstrassennetzes. Für sie ist aber klar: Die Autobahnen können auch ohne Preisaufschlag auf die Vignette ausgebaut und finanziert werden. SVP-Nationalrat (SO) und Präsident des Referendumskomitees, Walter Wobmann: «Die Autofahrer zahlen gegen 10 Milliarden Franken Verkehrsabgaben jedes Jahr, aber nur ein Drittel davon wird zweckgebunden eingesetzt.» Abzockerei, findet er.

Wobmann fordert deshalb, es müsse endlich ein Konzept auf den Tisch, bei dem klar werde, was in den nächsten 30 Jahren ausgebaut werden müsse und was ausgebaut werden wolle. Die 100-Franken-Vignette sei kein seriöser Vorgang, sondern eine weitere Belastung für die Autofahrer. Diese seien aber bereits mit immer höheren Benzin- und Importpreisen sowie Ökosteuern belastet.

Eine Vignette klebt an einer Autoscheibe. Hinter dem parkierten Auto fährt ein Velofahrer vorbei. (Keystone)
Legende: Abzockerei contra moderater Aufschlag: An der 100-Franken-Vignette scheiden sich die Geister. Keystone

Aus demselben Grund lehnt auch der Autoverband TCS die 100-Franken-Vignette ab. In den Strassenkassen seien noch Rückstellungen von 3,8 Milliarden Franken vorhanden, argumentiert der Verband. Beide Autoverbände TCS und ACS finden, eine teurere Vignette bringe den Strassenbenützern kaum einen Mehrwert.

Bei der Autolobby reisst die Vorlage alte Wunden auf. Dass ein Teil der heutigen Abgaben und Steuern aus dem Strassenverkehr in den öffentlichen Verkehr fliesst, stört sie. Sie trauen dem Bundesrat nicht, der versprochen hat, das zusätzliche Geld durch die 100-Franken-Vignette fliesse ausschliesslich in die Strassenkasse.

Michael Gehrken, Direktor des Nutzfahrzeugverbands Astag, sagt: «Die Leute merken am eigenen Portemonnaie, dass sie immer mehr bezahlen müssen und trotzdem jeden Morgen und Abend im Stau stehen. Das Nationalstrassennetz wurde Ende der 1950er-Jahre geplant und verabschiedet. Es ist heute noch nicht fertig gestellt – die Leute haben genug von leeren Versprechungen.» Deshalb gelte es nun zu sagen: «Adesso Basta! Es reicht!»

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