Vermögende Ausländer können heute nach den Lebenshaltungskosten statt den Einkommensverhältnissen besteuert werden. Damit zahlen sie unter Umständen weniger Steuern als einheimische Bürger, die ähnlich viel Geld haben. Die Volksinitiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre» (Abschaffung der Pauschalbesteuerung), über die Volk und Stände am 30. November befinden, will dies verbieten. Aus Sicht der Initianten von der Alternativen Linken verletzt die Pauschalbesteuerung das Verfassungsgebot der Steuergerechtigkeit.
Im öffentlichen Interesse
Die Frage der Rechtsgleichheit stelle sich tatsächlich, räumte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien ein. Die Pauschalbesteuerung stelle eine Abweichung vom Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit dar. Dies lasse sich aber rechtfertigen, denn die Pauschalbesteuerung sei verhältnismässig und im öffentlichen Interesse. Um vermögende und sehr mobile Personen gebe es einen intensiven internationalen Steuerwettbewerb.
Die Einnahmen aus der Pauschalbesteuerung entsprechen schweizweit nur einem halben Prozent aller Steuereinnahmen. «Das ist nicht ein riesiger Betrag», erklärte Widmer-Schlumpf. «Aber wenn man sieht, in welchen Kantonen diese Aufwandbesteuerung eine Rolle spielt, dann sieht man, dass das eben eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung hat.»
Diese Art der Besteuerung hat vor allem in der Westschweiz eine lange Tradition. Drei Viertel aller Pauschalbesteuerten leben in sechs Kantonen: Waadt, Wallis, Genf, Tessin, Bern und Graubünden. Die Abschaffung würde vor allem diese Kantone und ihre Gemeinden treffen. Es sollte deshalb den Kantonen überlassen bleiben, ob sie die Aufwandbesteuerung wollten oder nicht, so die Finanzministerin.
Undemokratisch und diskriminierend
In den genannten Kantonen seien die wohlhabenden Ausländer sehr wohl wichtig, sagt auch Peter Hegglin, Präsident der Finanzdirektorenkonferenz. Dies weil sie dort einen standesgemässen Lebensstil pflegten, was wiederum Arbeitsplätze sichere.
Das Job-Argument sei ein alter Klassiker, der durch Wiederholung nicht besser werde, entgegnet Niklaus Scherr, Vater der Initiative gegen die Pauschalbesteuerung. Diese sei schlicht ungerecht: «Wir finden sie undemokratisch, weil sie Steuerprivilegien für eine Gruppe von sehr reichen Leuten schafft. Und wir finden sie unschweizerisch, weil sie Schweizer diskriminiert und Ausländer bevorzugt.»
Bedingungen verschärft
Auf nationaler Ebene wurde mittlerweile die Bemessungsgrundlage geändert. Diese muss künftig mindestens das Siebenfache statt wie bisher das Fünffache des Mietzinses oder des Eigenmietwerts betragen. Bei der direkten Bundessteuer gilt zusätzlich ein minimales steuerbares Einkommen von 400'000 Franken. Die Kantone müssen ebenfalls einen solchen Mindestbetrag festlegen, wobei sie die Höhe selbst bestimmen können.
Die Anzahl nach dem Aufwand besteuerter Personen wurde letztmals Ende 2012 erhoben. Damals lebten 5634 Pauschalbesteuerte in der Schweiz. Insgesamt zahlten sie 695 Millionen Franken aus der Aufwandbesteuerung an Gemeinden, Kantone und Bund – 123'400 Franken im Durchschnitt.
Der Bundesrat und die Finanzdirektoren gehen davon aus, dass ein Ja zur Initiative zu Mindereinnahmen führen würde. Präzise Schätzungen seien allerdings schwierig, da nicht vorauszusagen sei, wie viele der Pauschalbesteuerten aus der Schweiz wegziehen und wie viele den Kanton wechseln würden.
In einzelnen Kantonen waren Initiativen zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung bereits erfolgreich, in anderen scheiterten sie an der Urne. Am 30. November entscheidet das Schweizer Stimmvolk als Ganzes.