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Abstimmungen Angst vor Steuerausfällen beerdigt USR III

Die Unternehmenssteuerreform III hat Schiffbruch erlitten. Fast 60 Prozent der Stimmbevölkerung lehnten die Reform ab.

Unternehmenssteuerreform III

Eidg. Vorlage: Bundesgesetz über steuerliche Massnahmen zur Stärkung des Unternehmensstandorts Schweiz

  • JA

    40.9%

    989'306 Stimmen

  • NEIN

    59.1%

    1'427'946 Stimmen

Das Volk will nichts von der Unternehmenssteuerreform III wissen. 59,1 Prozent der Bevölkerung lehnten die Reform ab. Damit erleiden Bundesrat und Parlament ihre erste Niederlage in dieser Legislatur. Lediglich in Nidwalden, Tessin, Waadt und Zug fand die Vorlage eine Mehrheit.

Unterschiede zwischen Deutschschweiz und Romandie

Video
Longchamp zur USRIII-Vorlage und deren Scheitern
Aus News-Clip vom 12.02.2017.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 41 Sekunden.

Entscheidend sei gewesen, dass gegenüber der Vorlage grosses Misstrauen geherrscht habe, sagt Politologe Claude Longchamp. Dieses Misstrauen sei auf die letzte Steuerreform zurückzuführen.

«In der Deutschschweiz waren die Städte stark gegen die Vorlage. Die ländlichen Gebiete waren jedoch nicht eindeutig dagegen.» In der Westschweiz sei es genau umgekehrt gewesen, analysiert Longchamp das Ergebnis.

In der Deutschschweiz sei die Frage, ob die Vorlage zu Steuerausfällen führen werde das Hauptthema gewesen. Diese Befürchtung sei vor allem von den Städten ausgegangen. «In Kantonen, welche eine Politik der Privilegierung betreiben, war dies anders», so Longchamp.

Video
Claude Longchamp zu den Stadt-Land-Unterschieden
Aus News-Clip vom 12.02.2017.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 21 Sekunden.

Scheitern mit Ansage

In Umfragen hatte sich das Scheitern in den letzten Wochen abgezeichnet. SP, Grüne und Gewerkschaften konnten mit dem Argument punkten, dass Grosskonzerne von der Unternehmenssteuerreform III profitierten, während der Mittelstand die Zeche zahle.

Die Abschaffung der international nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien hatte die Linke zwar unterstützt. Die kantonalen Steuerregimes, von der internationale Unternehmen profitieren, waren ihr seit jeher ein Dorn im Auge. Das Bündel neuer Vergünstigungen, die das Parlament beschlossen hatte, akzeptierte sie aber ebenso wenig wie die damit verbundenen Kosten.

Wichtigste Massnahme war der Zustupf, den die Kantone aus der Bundeskasse erhalten sollten. Damit hätten sie finanziellen Spielraum für eine flächendeckende Senkung des Gewinnsteuersatzes gehabt. Davon sollten alle Unternehmen profitieren, nicht nur die bisher schon privilegierten.

Auf Widerstand stiess aber vor allem der so genannte «Werkzeugkasten». Daraus sollten sich die Kantone nach Ermessen bedienen können, um massgeschneiderte Rahmenbedingungen für die ansässige Wirtschaft zu schaffen.

Lückenhafte Informationen

Das Paket hätte den Bund gut 1 Milliarde Franken gekostet, die Kantone je nach Umsetzung 2 bis 3 Milliarden Franken. Die Einbussen liessen sich aber derart schwer einschätzen, dass der Bundesrat im Abstimmungsbüchlein bewusst auf Zahlen verzichtete. Das trug ihm den Vorwurf ein, die Auswirkungen der Reform zu verschleiern.

Die lückenhafte Informatione weckte Erinnerungen an die Unternehmenssteuerreform II. Damals lag der Bundesrat mit seinen Schätzungen derart weit daneben, dass er dafür sogar vom Bundesgericht gerügt wurde. Die Gegner liessen keine Gelegenheit aus, diesen Trumpf zu spielen und vor den Unwägbarkeiten der Vorlage zu warnen.

Zweiter Anlauf

Das Seilziehen um eine neue Reform dürfte schon in der Frühjahrsession in zwei Wochen beginnen. Die SP hat bereits eine parlamentarische Initiative Initiative angekündigt mit dem Anliegen, den Fahrplan zu konkretisieren. Von Finanzminister Ueli Maurer fordert sie einen neue Vorlage noch vor der Sommerpause.

Ob es so rasch geht, ist fraglich. Im Abstimmungskampf hatte sich selbst SP-Chef Christian Levrat skeptisch gezeigt, ob eine Reform wie geplant 2019 in Kraft gesetzt werden könnte. Laut Maurer ist das nicht vor 2022 möglich.

Dass es eine neue Vorlage braucht, ist aber unbestritten. Grund sind unter anderem die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Sanktionen. Diese hat ihre Pläne schon Anfang 2016 in einem Strategiepapier skizziert. Darin ist etwa von einer Quellensteuer oder von der Aberkennung der steuerlichen Abzugsfähigkeit die Rede. Solche Massnahmen würden die Schweiz für internationale Unternehmen zu einem teuren Pflaster machen.

Ob es tatsächlich so weit kommt, ist offen. Die EU hat die Schweiz kürzlich zu einer «gemeinsamen Analyse» der Unternehmensbesteuerung eingeladen – zusammen mit rund 90 weiteren Ländern und Gebieten. Der Prozess soll bis Ende 2017 abgeschlossen sein, danach sind die EU-Mitgliedstaaten mit Sanktionen am Zug. Der Bundesrat wird gefordert sein, der Schweiz darüber hinaus Aufschub für einen zweiten Anlauf zu verschaffen.

Für die bürgerlichen Parteien dürfte das Abstimmungsresultat ein Denkzettel sein, dass es nicht nur im Parlament, sondern auch in der Bevölkerung Mehrheiten braucht.

Die Besteuerung von Unternehmen: Eine Dauerbaustelle

Mit der Unternehmenssteuerreform I wurden ab 1998 günstigere Bedingungen für Holdings geschaffen. Zudem wurde die Renditebesteuerung durch eine proportionale Gewinnsteuer abgelöst und die Kapitalsteuer auf Bundesebene abgeschafft.

Bei der Unternehmenssteuerreform II, über die 2008 abgestimmt wurde, ging es unter anderem um die Verminderung der steuerlichen Doppelbelastung. Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen werden seither nur noch teilweise besteuert. Auch Holdinggesellschaften wurden entlastet. Zudem wurde das Kapitaleinlageprinzip eingeführt. Damit können Unternehmen Einlagen, Aufgelder und Zuschüsse steuerfrei an die Aktionäre ausschütten.

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