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Schweiz «Arena»: Der Bundesrats-Plan zur Zuwanderungs-Initiative

Für die verfassungsgemässe Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative will der Bundesrat für Einwanderer und Grenzgänger Kontingente festlegen. Für Arbeitsstellen soll ein Inländervorrang gelten. In der «Arena» diskutieren darüber Arbeitgeber, Gewerkschafter mit Vertretern der SVP und der CVP.

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Masseneinwanderungsinitiative: Der Bundesratsplan
Aus Arena vom 27.06.2014.
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Gemäss dem neuen Verfassungsartikel zur Einwanderung sollen in Zukunft die Kantone dem Bund melden, wie viele ausländische Arbeitskräfte sie brauchen. Ergänzt durch weitere Indikatoren wie Arbeitslosenzahlen usw. will der Bundesrat dann die jährlichen Kontingente festlegen.

Gewerkschafter Corrado Pardini argumentiert, dass primär die Wirtschaft über die Kontingents-Grösse entscheiden wird. So würden aber Menschen auf billige Arbeitskräfte reduziert, wie das mit den früheren Saisonniers und deren tiefen Löhnen der Fall war. Und schliesslich stünden die Kontingente im Widerspruch zu den bilateralen Verträgen.

In der «Arena» diskutieren:

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  • Viola Amherd, Nationalrätin CVP/VS, Vize-Fraktionschefin CVP
  • Christoph Blocher, Vizepräsident SVP
  • Roland A. Müller, Direktor Schweizerischer Arbeitgeberverband
  • Corrado Pardini, Nationalrat SP/BE, Geschäftsleitung Gewerkschaft Unia

Kontingente nichts Neues für die Schweiz

«Man muss das Rad nicht neu erfinden», hält Christoph Blocher fest. Kontingente und Inländervorrang wie im neuen Verfassungsartikel habe die Schweiz von 1970 bis 2003 schon gehabt. Während der Hochkonjunktur habe die Zuwanderung 40‘000 Personen betragen. Aber in Krisenjahren wie 2008 mit relativ hohen Arbeitslosenzahlen seien es sogar 60‘000 Zuwanderer gewesen.

Pardini kritisiert diese Darstellung. Die SVP wolle jetzt «mit bürokratischer Popanz eine Kontingentierung», aber mit dem Resultat sei niemand zufrieden. Die zentrale Aufgabe sei es, den Leuten ihre Ängste zu nehmen und nicht Druck zu machen auf deren Arbeitsplätze.

Gemäss Pardini sei der wahre Hintergrund der Initianten, Arbeitnehmerrechte abzubauen. «Leute, die im Kontingent angestellt sind, werden handzahm und mundtot.» Im nächsten Jahr müssten sie nämlich wieder eine Bewilligung erhalten.

Droht ein Branchenkrieg um die Kontingente?

Blocher, der sich auf seine Zeit als Unternehmer beruft, gibt aber zu: Für die Unternehmer sei die Personenfreizügigkeit viel einfacher, wenn sie Mitarbeiter unter 500 Millionen Arbeitnehmern aussuchen könnten. «Aber die Folgen davon erleben wir jetzt im Land.»

Die Festlegung der Kontingente gemäss Umsetzungskonzept ist für Viola Amherd (CVP/VS) sinnvoll, nämlich «bottom up». Von unten, bei den Kantonen und Branchen, würden die echten Bedürfnisse festgestellt.

Was aber Roland A. Müller vom Arbeitgeberverband «auf keinen Fall will, ist ein Branchenkrieg, also etwa Gastronomie gegen Chemie oder Bank gegen Versicherung», wenn es um die Zahl der Kontingente geht.

Inländervorrang – auch für aufgenommene Flüchtlinge

Als weitere Massnahme zur Beschränkung der Zuwanderung soll vermehrt auf Schweizerinnen und Schweizer gesetzt werden. Das könnten aber die Arbeitgeber nicht alleine bewältigen, sagt Müller. Für die Förderung des Wiedereinstiegs von Frauen gehe es auch um Krippenplätze und ganz allgemein um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

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Gewerkschafter Paradini unterstützt das zusammen mit der Forderung nach Lohngleichheit von Mann und Frau.

Zu den Inländern gehören für Blocher aber auch diejenigen, «die ein Leben lang nie arbeiten», etwa aufgenommene Flüchtlinge. Viele von ihnen müssten ausgebildet werden wie Lehrlinge.

Paradini kontert, dass sich gerade die SVP gesperrt habe, im Asylwesen die Berufsbildung möglich zu machen und junge Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Mario Gattiker vom Bundesamt für Migration klärt die Fakten: Tatsächlich habe der Bund im Asylbereich Pilotprojekte gemacht, die jetzt teilweise von den Kantonen übernommen wurden. «Aber da wird viel zu wenig gemacht.» Das sei aber nicht nur Sache der Behörden, sondern auch der Sozialpartner. Einfache Arbeiten wie etwa bei der Weinernte wären Arbeitsmöglichkeiten, statt dafür Personen im Ausland zu rekrutieren.

Viola Amherd sieht doch noch einen positiven Nebeneffekt im neuen Verfassungsartikel, «dass man endlich ernst macht mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familien» und Mittel einsetzt für die Weiterbildung. An die Adresse der Arbeitgeber findet sie es «schade, dass man nicht schon früher mehr Eigenverantwortung übernommen hat und dass es jetzt eine Kontingentslösung braucht, die uns nun dazu zwingt».

Der zweigleisige Fahrplan des Bundesrat

Umsetzungskonzept

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Zuwanderung ab 2017 mit Kontingenten: Justizministerin Simonetta Sommaruga stellt das Umsetzungskonzept zur Masseninwanderungs-Initiative vor.

Zur Strategie des Bundesrats mit dem Umsetzungskonzept betont Arbeitgeber-Vertreter Müller die Wichtigkeit, nahe bei der Personenfreizügigkeit zu bleiben. «Wir können die Bilateralem nicht gefährden. Was da alles dranhängt, da kommt doch einiges zusammen für die Schweizer Wirtschaft und damit für die Gesamtbevölkerung.»

Auch Amherd bzw. die CVP will die Bilateralen gefährden. Für sie ist richtig, dass der Bundesrat zweigleisig fahren will: Mit einem Gesetzesentwurf im Inland und den Verhandlungen mit der EU.

Blocher gibt aber zu bedenken, dass man erst wissen müsse, was man verhandeln wolle. «Das kann nur ‹abverheie›. Es ist eindeutig, die wollen bei der EU ein Nein abholen.» Es sei doch klar, dass die EU nicht einverstanden ist.

Das Argument «ein Nein abholen» relativiert Mario Gattiker vom Bundesamt für Migration. Die Nachverhandlung der Personenfreizügigkeit sei nun ein Verfassungsauftrag. Es sei klar, dass in drei Jahren ein revidiertes Freizügigkeitsabkommen in Kraft treten müsse. Darum müsse man die Verhandlungen rasch ansetzen.

«Es braucht nicht so viel Fantasie in Brüssel, um zu sehen, was die Schweiz aufgrund des Umsetzungskonzepts will», meint Gattiker. Es gehe um Verfassungstreue und überhaupt nicht um eine versteckte Agenda. Auch Justizministerin Simonetta Sommaruga habe gesagt, dass beide Wege zieloffen seien; gesetzgeberisch im Inland und die Verhandlungsweg mit der EU.

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