Die Ostschweiz muss die Expo-Träume begraben. Die Thurgauer und St. Galler Stimmbevölkerung sagt deutlich Nein zu den Planungskrediten – total acht Millionen Franken – und damit auch Nein zu einer Landessausstellung in der Ostschweiz.
Angesichts dieses deutlichen Neins muss man sich die Frage stellen, ob solche Grossanlässe überhaupt zeitgemäss sind. Wenn man sehe wieviel Leute an den Gotthard gepilgert seien, dann sei das schon zeitgemäss, betont der ehemalige Leiter der Medien- und PR-Abteilung der letzten Expo.02, Tony Burgener. «Die Leute wollen sich nach wie vor an einer Expo treffen.»
«Die Leute wollen dabei sein»
Es brauche klare Vorgaben, Neugier nach allen Seiten und Leidenschaft für das Spiel mit Inhalten, um aktuell zu sein, meint auch der ehemalige künstlerische Direktor der Expo.02, Martin Heller. Die Expo.02 habe 10,5 Millionen Besucher gehabt und 50 Prozent der Bevölkerung mobilisiert. «Eine schönere Widerlegung, dass Landesausstellungen – also eine Erfindung des 19. Jahrhunderts – nicht zeitgemäss sind, gibt es nicht.»
Zudem werde das Bedürfnis steigen, wieder physisch etwas zu unternehmen, betont wiederum Burgener. Klar müsse eine neue Expo gut in den Sozialen Medien eingebettet sein und die Leute wollten in der heutigen Zeit mehr dabei sein und eine Expo mitgestallten.
Gegenwert von zwei Kreiseln
Das Interesse an Grossanlässen ist da. Lag es also am Geld? Die Expo.02 habe den Steuerzahler pro Besucher 100 Franken gekostet, sagt Heller. Der Planungskredit, der im Kanton Thurgau bei der Expo 2027 fällig gewesen wäre, sei preislich der Gegenwert von zwei Verkehrskreiseln. Wenn man diese Kosten zum Beispiel mit den Aufwendungen für die UBS-Rettung vergleiche, dann relativiere sich alles. «Und dann ist man sehr schnell bei der Frage: Will – und nicht: kann! – man sich das leisten?», fragt Heller. Aber: «Die Schweiz weiss überhaupt nicht mehr, wie reich sie ist. Es ist pervers, in einem solchen Land von Geldnöten zu sprechen.»
Wenn es also nicht am Geld lag, lag es vielleicht am Selbstbewusstsein der Promotoren? Es fehle im Moment vor allem an der Lust, etwas Neues anzugehen, sagt der ehemalige künstlerische Direktor der Expo.02. Vielen genüge das, was schon da ist. Eine Landesausstellung mache man vor allem für die nächste Generation und nicht für die eigene, betont Heller weiter.
Eine Landesausstellung mache man vor allem für die nächste Generation und nicht für die eigene, betont Heller weiter. Ähnlich sieht es auch Tony Burgener: Es herrsche ein falsches Bewusstsein und man wiege sich in falscher Sicherheit. Dabei sei die Identität der Schweiz auch wichtig.
Was ist denn das Erfolgsrezept?
Angesichts solcher vieler Stolpersteine – gibt es denn ein Erfolgsrezept dafür, wie man eine Landesausstellung so gestaltet, damit sie auch vom Volk angenommen wird? «Unter den Bedingungen, die der Bund vorgibt, kann man es gar nicht anders anpacken, wie es angepackt wurde», betont Heller. Es brauche immer einen Planungskredit. Man könne auch einen Gotthard-Tunnel nicht bauen ohne Vorstudien – bloss ziehe das dort niemand in Zweifel. «Und: Es braucht ein Feuer für die Sache», so Heller.
Ernüchternd das Urteil von Burgener: «Auch die nächste Expo wird bis zum Eröffnungstag nicht unter einem guten Stern stehen, das ist so.» Doch Polemik und Debatte seien gut und eine Mitwirkung der Bevölkerung bringe viel.
Eine Alternative zu einer grossen Landesausstellung könnte eine regelmässigere kleinere Expo, wie zum Beispiel die Institution der Kulturhauptstädte sein, schlägt Burgener vor. Dies gebe der ganzen Diskussion einen anderen Drall und wäre einfacher zu verteilen, meint Burgener.