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Wenn sich die Sexismus-Debatte mit Islam-Kritik vermischt
Aus Rendez-vous vom 27.11.2017. Bild: Keystone
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#balancetonporc Die etwas andere Sexismus-Debatte in der Romandie

Nicht Harvey Weinstein, sondern der Genfer Intellektuelle Tariq Ramadan hält die Sexismus-Debatte in der Westschweiz am Laufen. Bei diesen Diskussionen geht es nicht nur um das Verhältnis zwischen Mann und Frau, sondern ebenso um den Islam.

Unter dem Hashtag #metoo berichten und diskutieren Millionen Frauen seit Wochen über sexuelle Übergriffe. Das Pendent in Frankreich und der Romandie heisst #balancetonporc (dt. verpfeif dein Schwein).

Ramadan – ein Denker des modernen Islam

Die Debatte wird hier intensiver geführt: Radio und Fernsehen widmen dem Thema gleich mehrere Sendeabende. Und nicht der Skandal um Filmproduzent Harvey Weinstein steht im Fokus, sondern der Genfer Intellektuelle Tariq Ramadan. Im französischen Sprachraum ist Ramadan der einflussreichste muslimische Denker: 55-jährig, smart, rhetorisch brillant und ein mediengewandter Vertreter des modernen Islam.

Im Zuge der Debatte um Weinstein haben sich zwei Frauen aus Frankreich gemeldet, die Ramadan Vergewaltigung vorwerfen. Weitere, weniger weitreichende Anschuldigungen, folgten in der Schweiz.

Ich habe mit 250 Menschen gesprochen und alle haben es gewusst.
Autor: Alexis Favre Moderator

In der Westschweiz werden die Konsequenzen der Vorwürfe in den Medien diskutiert. Dabei stellt Alexis Favre, Moderator der Sendung Infrarouge, fest: «Um diese Sendung vorzubereiten habe ich mit rund 250 Personen über Tariq Ramadan gesprochen. Alle haben davon gewusst. Warum ist nichts davon an die Öffentlichkeit gelangt?»

Komplizenschaft durch Wegschauen

«Ich wusste es», sei eine ganz typische Reaktion, sagt Stéphanie Pahud, Linguistin an der Universität Lausanne. «So kann man signalisieren, dass man nicht naiv ist», erklärt Pahud. Tatsächlich aber sage man damit genau das Gegenteil: «Eigentlich sagt man damit: Ich weiss nichts, und vor allem weiss ich noch nicht, wie ich aus dem ganzen System wieder rauskomme.»

Zu sagen ‹ich wusste es› soll signalisieren, dass man nicht naiv ist.
Autor: Stéphanie Pahud Linguistin Universität Lausanne

Laut der Linguistin ist der gesellschaftliche Wandel im Umgang mit sexuellem Missbrauch noch nicht da – und man kann diesen Wandel auch nicht vorhersagen. Aber immerhin könne heute niemand mehr so tun, als ob ihn diese Debatte nichts angehe.

Portrait von Stéphanie Pahud
Legende: Für die Linguistin Stéphanie Pahud braucht es rasch Mittel, um künftigen Machtmissbrauch zu verhindern. Universität Lausanne

Es geht um mehr als «nur» Sex

«Es geht nicht nur um die blosse Diskriminierung von Frauen durch Männer in dieser Diskussion. Es geht um Machtmissbrauch», sagt Pahud. Davon seien auch die Religion, die Nationalität oder die soziale Stellung betroffen – alle Elemente unserer Identität. «Da gibt es Überlagerungen. Es wird versucht, ganz andere Rechnungen zu begleichen.»

So meldeten sich im Fall von Tariq Ramadan besonders laut diejenigen Leute zu Wort, die seine Thesen schon vor diesen Vorwürfen abgelehnt hatten. Und manche nutzten die jetzige Situation auch für eine Generalabrechnung mit dem Islam. «Ich will niemanden in Schutz nehmen», stellt Pahud klar. «Es ist für die Betroffenen sicher befreiend, gehört zu werden.»

Aber statt bei der blossen Denunziation stehen zu bleiben, sei es wichtig, neue Wege zu finden. Statt sich mit der einzelnen Person zu beschäftigen, sei es wichtiger, Mittel zu suchen, um künftig solchen Machtmissbrauch zu verhindern, meint Pahud.

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