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«Es ist schwierig, die Zukunft vorauszusagen»
Aus Tagesschau am Vorabend vom 12.01.2022.
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Berset im Interview «Wir haben immer auf Symbolmassnahmen verzichtet»

Die Omikron-Wand droht, massiv zu werden – der Bundesrat reagiert moderat und verzichtet auf schärfere Massnahmen. Er verkürzt gar die Quarantäne- und Isolationsfristen. Gesundheitsminister Alain Berset verteidigt den Entscheid und sagt, der Schritt könnte in die richtige Richtung gehen.

SRF News: Herr Bundesrat, haben Sie kapituliert – nach dem Motto: Augen zu und durch?

Alain Berset: Absolut nicht. Wir verlängern die Massnahmen, die ja schon streng sind, wie 2G, 2G+, Homeoffice und so weiter. Wir hoffen schwer, dass das genügen wird.

Die Taskforce hat Berechnungen gemacht mit einer sehr grossen Spannbreite: Es geht von «gerade noch machbar» fürs Gesundheitswesen bis zu einer Belastung, wie wir sie in dieser Pandemie noch nie gesehen haben. Dieses Risiko gehen Sie bewusst ein?

Diese Spannbreite zeigt ja gerade, wie schwierig es ist, die Zukunft zu prognostizieren. Wir machen es im Bundesrat besser, wir fällen Entscheide und übernehmen Verantwortung, sind aber immer bereit uns anzupassen, wenn etwas Unerwartetes kommt.

Mit Prognosen können wir nicht arbeiten. Das haben wir gesehen in den letzten zwei Jahren.

Im Moment geht es, wir haben zwar sehr viele Ansteckungen, aber mit sehr milden Verläufen. Der Unterschied zu anderen Wellen ist gross. Das Spitalsystem hält. Aber wir beobachten es weiter.

4500 Spitalbetten sind gemäss Ihren Angaben noch frei. Gemäss den Prognosen der Taskforce wird es in der schlimmsten Woche wegen Omikron zwischen 2500 und 10'000 Spitaleintritte geben. Das wird knapp?

Mit Prognosen können wir nicht arbeiten. Das haben wir gesehen in den letzten zwei Jahren. Natürlich ist es interessant zu hören, was die Spezialisten sagen, bevor wir entscheiden. Es ist auch möglich, dass wir vielleicht nächste oder übernächste Woche plötzlich strengere Massnahmen ergreifen müssen, das wäre nicht lustig. Aber es kann auch gut gehen. Wir lernen ständig Neues über Omikron.

Was sollen wir denn tun, Schulen schliessen? Nein, das ist zu schwierig für die Kinder. Oder stärker in den Privatbereich eingreifen? Nein, das haben wir schon sehr stark gemacht.

Sie sagen, Sie könnten immer noch eingreifen. Aber neue Massnahmen wirken erst nach 10 bis 14 Tagen – bis dann wär das Schlimmste vielleicht schon vorbei?

Wir haben immer auf Symbolmassnahmen verzichtet und nur gemacht, was etwas bringt. Diese Variante ist so ansteckend, was sollen wir denn tun, Schulen schliessen? Nein, das ist zu schwierig für die Kinder. Oder stärker in den Privatbereich eingreifen? Nein, das haben wir schon sehr stark gemacht. Wir müssen uns immer anpassen, aber wir haben bereits strenge Massnahmen heute, die gelten immer noch, und die Leute müssen immer noch aufpassen – Händewaschen, Masken, Distanz. Das hilft bereits.

Inwiefern hat der Bundesrat Long Covid in seine Risikoabwägungen miteinbezogen?

Das haben wir immer wieder mal. Wir finanzieren auch Forschung in diesem Bereich, denn wir wissen sehr wenig darüber. Das werden wir beobachten und viel lernen müssen und können. Aber klar ist auch mit der Immunität, die wir heute haben: Ziel ist nicht, alles zu bremsen, und dann kommt es nächsten Winter wieder hoch. Wir müssen eine Situation finden, wo wir mit dem Virus leben können.

Wie können wir viel lernen über Long Covid, wenn es nicht einmal eine Meldestelle dafür gibt?

Damit habe ich mich heute nicht befasst, aber wir haben letztes Jahr schon ziemlich viel gemacht.

Ich war oft zu optimistisch in dieser Krise.

Es gibt viel Forschung, auch international, und wir haben ein Gesundheitssystem und ein Netzwerk von Ärztinnen und Ärzten mit einem guten Austausch.

Omikron weckt auch Hoffnungen. Offenbar ist es weniger gefährlich und könnte schon sehr bald die Mehrheit der Bevölkerung immun machen. Haben wir die Pandemie schon bald hinter uns?

Wir sind seit zwei Jahren in dieser Krise und tun alles, um die Pandemie zu bekämpfen. Die vielen Ansteckungen mit milderen Verläufen sind vielleicht der erste Schritt von einer Pandemie zu einer Endemie. Das würde bedeuten, dass dieses Virus bleiben wird wie andere, die wir schon kennen, aber dass wir damit leben können.

Das heisst, wir haben es bald geschafft?

Ich hoffe es. Aber wissen Sie, ich war oft zu optimistisch in dieser Krise. Ich hätte nie gedacht, dass es so lange dauert. Aber einmal wird es ein Ende haben. Und ich glaube, dieser Schritt könnte in die richtige Richtung gehen.

Das Gespräch führte Nathalie Christen.

Tagesschau, 12.01.2022, 18:00 Uhr;

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