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Schweiz Das letzte Wort hat in jedem Fall das Volk

Die Aussage von Bundesrätin Widmer-Schlumpf, dass es zu einer neuen Abstimmung über das Verhältnis Schweiz-EU kommen wird, hat für Aufregung gesorgt. Die SVP reagiert verärgert; die BDP hingegen findet es legitim, dass sich Bundesräte persönlich äussern. Eine Abstimmung wird es in jedem Fall geben.

Der Satz von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf fiel in Singapur. «Ich glaube, wir werden eine weitere Entscheidung, eine weitere Abstimmung in ein paar Monaten haben.» Mit ihrer Aussage bezog sich die Bundesrätin auf das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU. Sie stellte aber sogleich klar, dass es sich dabei um ihre persönliche Meinung handle und nicht die Meinung des Gesamtbundesrats.

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Adrian Amstutz über eine weitere EU-Abstimmung
Aus News-Clip vom 03.02.2015.
abspielen. Laufzeit 32 Sekunden.

SVP: Nichts begriffen

Trotzdem reagiert der Berner SVP-Nationalrat Adrian Amstutz gegenüber «10vor10» verärgert auf die Aussage von Widmer-Schlumpf. «Das ist ein unsägliches Verhalten. Wenn ein Bundesrat so funktioniert in einer politisch hochsensiblen Frage wie der Steuerung der Zuwanderung, so frage ich mich schon, wie man so ein Ziel erreichen will.»

Offenbar habe der Bundesrat nicht begriffen, «wer hier befiehlt in diesem Land. Es ist nämlich das Volk und das hat am 9. Februar entschieden.» Amstutz gibt seinem Erstaunen Ausdruck, dass man heute, bevor man überhaupt ernsthaft versucht habe, den Volksauftrag umzusetzen, bereits von der nächsten Abstimmung spreche.

BDP: Legitim, sich kritisch Gedanken zu machen

Der Berner BDP-Nationalrat Hans Grunder ist überzeugt, dass es eine Abstimmung braucht, wie dies die Finanzministerin als persönliche Meinung gesagt hat. Es sei nicht möglich, die Bilateralen zu behalten und gleichzeitig die Einwanderung selber zu steuern.

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Hans Grunder zu einer weiteren Abstimmung
Aus News-Clip vom 03.02.2015.
abspielen. Laufzeit 23 Sekunden.

Bevor er seine parlamentarische Initiative über eine festgeschriebene vertragliche Zusammenarbeit mit der EU eingereicht habe, habe er dazu Bundesrätin Widmer-Schlumpf kontaktiert. Laut Grunder hat sie ihm bestätigt, dass dies ein möglicher Weg sein könnte. Auch die Spitzendiplomaten der Bundesrätin seien der Ansicht, dass dies der richtige Weg sei, so Grunder weiter.

Für Grunder ist es legitim, dass sich Bundesräte persönlich äussern. Der Gesamtbundesrat darf das so nicht, weil er einen Auftrag des Volkes hat.

Keine Forderung, Entscheid rückgängig zu machen

Ganz sicher dürfe man daraus nicht ableiten, dass Widmer-Schlumpf eine Abstimmung verlangt, um die Masseneinwanderung-Initiative rückgängig zu machen, meint SRF-Bundeshausredaktor Dominik Meier. «Das wäre übertrieben.»

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Aufregung um eine Aussage der Finanzministerin
aus Echo der Zeit vom 03.02.2015. Bild: Reuters
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Die Mediensprecherin des Finanzdepartements, Brigitte Hauser-Süess, stellte in einem Telefongespräche mit Radio SRF den Kontext der Aussage so dar: «Frau Widmer-Schlumpf hat gesagt, wir verhandeln jetzt mit der EU, versuchen die bestmögliche Lösung zu erhalten. Sie schliesse aber nicht aus, dass es wieder eine Abstimmung zu diesem Thema geben wird.» Mit einer solchen Interpretation der Medienstelle sei die Aussage natürlich nicht mehr so brisant, sagt Bundeshausredaktor Meier.

Es ist zwar bekannt, dass Aussenminister Didier Burkhalter auch schon von einer Volksabstimmung zur EU gesprochen hat, so Meier: «Als ich vor zwei Wochen noch mit Burkhalter gesprochen habe, wollte er sich gar nicht mehr festlegen auf ein mögliches Szenario, wann und in welcher Form abgestimmt würde, oder wie es weitergeht.»

Auch Bundeshausredaktor Hanspeter Trütsch sieht in der Aussage der Bundesrätin vor allem eine realistische Lagebeurteilung. Denn der gestrige Besuch von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga in Brüssel habe gezeigt, dass sie zwar nett empfangen wurde, «aber inhaltlich, da gibt es keine Bewegung an den Fronten.»

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Einschätzung von SRF-Bundeshausredaktor Hanspeter Trütsch
Aus Tagesschau vom 03.02.2015.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 41 Sekunden.

Zuerst müsse der Bundesrat die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative an die Hand nehmen. Wenn das nicht klappt, brauche es Offerten, die dem Volk auf den Tisch gelegt werden können. Für Trütsch ist viel mehr entscheidend, dass man sich darüber klar wird, was man will, «denn die Schweiz muss ihr Verhältnis mit der EU klären und da drängt die Zeit».

Die beiden Bundeshausredaktoren sind sich einig, dass es mehrere Möglichkeiten im Umgang mit der EU gibt. Dass Widmer-Schlumpfs Partei, die BDP, mit einer raschen Abstimmung liebäugele, um die Personenfreizügigkeit mit der EU zu retten, sei nichts Neues, sagt Meier. Und eine Volksabstimmung jeglicher Art werde es mit grösster Wahrscheinlichkeit geben.

Für Trütsch liegen verschiedene Szenarien auf der Hand: Wenn das Parlament über die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative entscheidet, ist ein Referendum sicher zu erwarten. Oder dann die Abstimmung über die RASA-Initiative («Raus aus der Sackgasse»), die den Volksentscheid über die Zuwanderung wieder streichen will.

Und drittens könnte über die bilateralen Verträge insgesamt ein Abstimmung anstehen. Denn die CVP und BDP möchten mit einer parlamentarischen Initiative die vertragliche Zusammenarbeit mit der EU in die Verfassung schreiben. Dagegen stehe auch noch die Drohung der SVP beziehungsweise von Christoph Blocher im Raum, allenfalls eine Volksinitiative zu lancieren, um die Personenfreizügigkeit mit der EU aufzukündigen, so Meier.

Wie immer auch die Aussage von Bundesrätin Widmer-Schlumpf interpretiert wird – das Volk wird ohnehin das letzte Wort haben.

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