Weniger abhängig von den Ölscheichs, weniger abhängig von der Atomkraft – das will die SP sein. Ob Strom, Heizung oder Auto: ab 2030 soll der Gesamtenergiebedarf der Schweiz mindestens zur Hälfte aus erneuerbaren Energien gedeckt werden.
Doch die Initiative hatte bei der bürgerlichen Mehrheit des Nationalrats keine grosse Chance. Die Initiative wurde mit 111 zu 68 Stimmen abgelehnt. Für die bürgerliche Ratsmehrheit war neben grundsätzlichen Bedenken gegen eine Subventionierung einer einzigen Industriebranche der Zeitplan der Initiative zu ehrgeizig.
Für SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht war bereits die «Zeitachse 2050 des Bundesrats unrealistisch». Die Anliegen des Initiativkomitees würden nun noch ein grosses Stück weiter gehen.
Die Initiative würde die Energie verteuern, die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft schmälern und damit letztlich Arbeitsplätze vernichten statt schaffen, betonten mehrere bürgerliche Redner.
«Das ist Cleantech»
Von einer «schlechten, ja unsäglichen Initiative» sprach hingegen FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Es sei so, dass sämtliche Firmen seit Jahrzehnten Cleantech machen, z. B. die Automobilindustrie, die die Verbräuche massiv gesenkt hat, die ganze Industrie, die die Antriebe massiv verbessert hat. «Das ist alles Cleantech», betonte Wasserfallen in seiner Rede, «aber die linken und grünen Industriepolitiker denken eben nur immer an Fotovoltaik-Panels und an Solarthermie und an sonst rein gar nichts.»
Ein Problem der gezielten Subventionierung sah Knecht darin, dass «die Förderung eines einzelnen Bereiches wirtschaftsfeindlich ist, da sie ungleich lange Spiesse schafft und in einen funktionierenden Wettbewerb eingreift.»
Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
Was will die SP?
Das primäre Ziel der SP-Initiative «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbaren Energien» (Cleantech-Initiative) ist ein rascher Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch. So soll dieser Anteil im Jahr 2030 mindestens die Hälfte des Gesamtenergieverbrauchs decken. Heute beträgt ihr Anteil zwanzig Prozent.
Damit dieses Ziel erreicht wird, sollen hauptsächlich verbindliche Zwischenziele festgelegt, Innovationen und Investitionen im Energiebereich vermehrt gefördert und die Energieeffizienz verbessert werden. Fernziel der Volksinitiative ist die vollständige Sicherstellung der Energieversorgung mit Energien aus erneuerbaren Quellen.
Kommission will eine Art «indirekten Gegenvorschlag»
Die Nationalrats-Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) will mit einer punktuellen Änderung des Energiegesetzes die SP dazu bewegen, ihre Cleantech-Initiative zurückzuziehen. Die vorgeschlagenen Änderungen des Energiegesetzes können als eine Art indirekter Gegenvorschlag zur Cleantech-Initiative gewertet werden.
Seit Anfang 2009 wird Strom aus erneuerbaren Energien mit einer so genannten Kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) gefördert. Die UREK möchte diesen KEV-Zuschlag – den die Strombezüger berappen müssen – von heute 0,45 Rappen auf 1,5 Rappen erhöhen. So könnte der grösste Teil der Projekte auf der KEV-Warteliste realisiert werden.
Zudem sollen kleine Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von weniger als 10 Kilowattstunden anstelle der KEV mit einmaligen Investitionshilfen im Umfang von 30 Prozent der Investitionskosten gefördert werden.Den stromintensiven Unternehmen soll der Netzzuschlag vollständig zurückerstattet werden, sofern sie sich in einer Zielvereinbarung zur Senkung ihres Energieverbrauchs verpflichten. Profitieren könnten 300 bis 600 Unternehmen.
Die Initiative selbst lehnte die Kommission mit 15 zu 9 Stimmen ab.
FDP-Nationalrat Wasserfallen äusserte auch gegen die Kommission Kritik. Die UREK-NR habe einen klaren Fehler gemacht, indem sie die Förderung der erneuerbaren Energien, die Deblockierung der KEV und die Entlastung der Unternehmen zum Gegenvorschlag zu dieser Initiative machen wolle. «Dort profitieren nur jene Unternehmen, die Fotovoltaik-, Biogasanlagen oder Kleinwasserkraftwerke machen. Alle anderen profitieren nicht. Das ist nicht Cleantech.»
Was zuerst? Rückzug oder Inkraftreten?
Der Bundesrat unterstützt den Antrag der Kommission. Er sei mit der Stossrichtung einverstanden, teilte er in einem Schreiben von Ende Februar mit. Allerdings sollte sich die Kommission stärker an der Energiestrategie 2050 orientieren, etwa bei der Entlastung stromintensiver Unternehmen.
Stimmt das Parlament dieser Gesetzesänderung des UREK zu, soll sie erst in Kraft treten, wenn die Initiative zurückgezogen oder vom Stimmvolk abgelehnt worden ist. Über einen Rückzug möchte das Initiativkomitee jedoch erst nach dem Gesetzgebungsprozess entscheiden.