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Flugblätter mit der Ausschreibung der Belohnung von 100'000 Franken liegen auf einem Tisch.
Legende: In allen möglichen Sprachen sucht die Polizei nach den Tätern von Rupperswil. Keystone
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Schweiz «Für Leute aus den Täterkreisen kann das Geld verlockend sein»

Im Fall des Vierfachmordes von Rupperswil hat die Polizei eine Belohnung in Höhe von 100'000 Franken für Hinweise zur Aufklärung des Verbrechens ausgelobt. Es ist dies die höchste, von Behörden in der Schweiz jemals ausgesetzte Belohnung. Es stellt sich die Frage: Was kann das bringen?

Am 21. Dezember 2015 wurden im aargauischen Rupperswil eine 48-jährige Frau, deren zwei Söhne im Alter von 13 und 19 Jahren sowie die 21-jährige Freundin des älteren Sohnes getötet. Danach setzten die Täter das Haus der Familie in Brand.

Auch zwei Monate nach der Bluttat fehlt jede Spur der Mörder. Immerhin konnte die Polizei Fingerabdrücke und DNA-Spuren sicherstellen, die sie der Täterschaft zuschreibt. Nun haben die Behörden eine Belohnung von 100'000 Franken für Hinweise auf die Täter ausgesetzt. Darüber hat SRF News mit dem früheren Polizeikommandanten von Basel Stadt, Markus Mohler, gesprochen.

SRF News: 100'000 Franken als Belohnung für Hinweise zur Aufklärung der Bluttat von Rupperswil – halten Sie die Höhe des Betrags für angemessen?

Markus Mohler: Es ist eine hohe Belohnung, aber es geht ja auch um ein sehr schweres Verbrechen. Ich finde, die Höhe der Belohnung ist durchaus richtig. Ich masse mir aber nicht an, zu sagen, sie sei angemessen oder nicht angemessen.

Die Methode der Belohnung bei ungelösten Verbrechen ist alt. Führt sie tatsächlich zum Erfolg?

Dazu kenne ich keine Statistik. Allerdings kann ich mich schwach daran erinnern, dass es in der Schweiz Fälle gab, in denen Belohnungen tatsächlich dazu beitrugen, dass Verbrechen aufgeklärt werden konnten. Doch es gibt sicher viele Fälle, in denen dies nicht gefruchtet hat. Tatsache ist aber: Diese äusserst unzimperlichen Kreise sind sehr geldgierig. Wenn es einmal eine Möglichkeit gibt, Geld zu beschaffen ohne ein Delikt zu begehen, dann ist das schon verlockend.

Die Leute reden also eher, wenn eine Belohnung winkt?

In diesen [kriminellen] Kreisen sicher – ich spreche jetzt nicht vom anständigen Durchschnittsbürger, der der Polizei helfen will, ein derart schweres Verbrechen aufzuklären. Es geht ja darum, durch die Belohnung in den Täterkreisen eine Verlockung herzustellen, über Gehörtes bei der Polizei auszupacken. Es kann ja sein, dass sich der oder die Täter einmal verschwatzt haben. Durch eine Weitergabe solcher Informationen an die Polizei könnte sich jemand aus diesen Kreisen auf legale Art eine hohe Geldsumme beschaffen.

Audio
«Diese unzimperlichen Kreise sind sehr geldgierig»
aus HeuteMorgen vom 19.02.2016.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 1 Sekunde.

Gibt es in Fällen von Belohnungen nicht auch heikle Aspekte? Etwa, wenn unbeteiligte Leute angeschwärzt werden?

Man kann nicht vermeiden, dass gewisse Leute vielleicht versuchen, durch zweifelhafte Aussagen zu dem Geld zu kommen. Die Polizei läuft das Risiko, falsche Hinweise zu erhalten, die sie dann sorgfältig prüfen muss. Es kann auch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass sich Einzelne im Denunziantentum üben. Doch die Untersuchungsorgane sind darin geschult, alle Hinweise sehr sorgfältig zu analysieren.

Das Gespräch führte Tina Herren.

Fall Rupperswil: Was bisher bekannt ist

Die Opfer: Das Gewaltverbrechen hatte sich am 21. Dezember 2015 in einem Einfamilienhaus in Rupperswil bei Aarau ereignet. Getötet wurden eine 48-jährige Frau, deren Söhne im Alter von 13 und 19 Jahren sowie die 21-jährige Freundin des älteren Sohnes. Die Opfer waren laut Polizei mit Kabelbindern und Klebeband gefesselt gewesen, sie wiesen allesamt Stich- oder Schnittverletzungen auf. Ein vorsätzlich gelegter Brand im Haus der Familie sollte offenbar die Spuren verwischen.
Das Geld: Die 48-jährige Mutter bezog kurz vor ihrer Ermordung insgesamt 9850 Franken und 1000 Euro. Den ersten Teil der Summe liess sie sich an einem Geldautomaten in Rupperswill, den Rest in einer Bankfiliale in Wildegg auszahlen. Zur Stückelung: Das spätere Opfer bezog die Franken in Form von sechs 1000er-Noten, elf 200er-Noten, elf 100er-Noten und elf 50er-Noten. Die Euros wurden in zehn 100er-Noten ausbezahlt.

Die Täterschaft: Ob es sich um einen oder mehrere Täter handelte, ist bisher unklar. Trotz des Brandes konnten die Ermittler allerdings DNA-Spuren sowie Fingerabdrücke der mutmasslichen Täterschaft sichern. Von wieviel Personen diese Spuren stammten, will die Polizei «aus ermittlungstaktischen Gründen» nicht bekannt geben. Fest steht: Weder in nationalen noch in internationalen Datenbanken gab es dazu einen Treffer. Verhaftet wurde denn auch noch niemand. 

Die Ermittlungen: Seit der Bluttat gingen mehr als 250 Hinweise aus der Bevölkerung ein. Darüber hinaus wurden 110 Personen aus dem Umfeld der Opfer einvernommen. Bedeutend weitergebracht hat dies die Polizei allerdings nicht. Am Fall arbeitet eine Sonderkommission von 40 Personen. Zudem wurde ein Profilerteam aus Deutschland und der Schweiz beigezogen.

Die Belohnung: Für einen entscheidenden Tipp wurde eine Belohnung von maximal 100'000 Franken ausgesetzt. Es ist die höchste je von Behörden ausgelobte Belohnung in der Schweiz. Die Polizei gibt dazu einen entsprechenden Fahndungsaufruf heraus, der in verschiedenen Sprachen verfasst ist und auch in Deutschland verteilt wird. Laut Angaben der Kantonspolizei zeigte die Belohnung bereits Wirkung: So gingen per Mail mehrere Hinweise ein.

Markus Mohler

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Markus Mohler

Markus Mohler ist ehemaliger Staatsanwalt, Polizeikommandant von Basel und Oberst der Schweizer Armee. Er war mehrere Jahre Lehrbeauftragter für Sicherheits- und Polizeirecht an den Universitäten Basel und St. Gallen.

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