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Schweiz Heikle Tätersuche via Mobilfunkantenne

Auf der Suche nach dem Vergewaltiger von Emmen durchforsten die Ermittler Handynummern aus dem Umkreis des Tatorts. Tausende Unbeteiligte werden so kontrolliert, ohne dass sie davon erfahren. Kritikern des Überwachungsgesetzes passt dies nicht.

Die Luzerner Staatsanwaltschaft hat über den zuständigen Überwachungsdienst des Bundes bei Mobilfunkgesellschaften Handynummern angefordert – die Nummern jener Mobiltelefone, die zum Tatzeitpunkt bei der Antenne am Tatort eingeloggt waren.

Die Staatsanwaltschaft verfügt nun über eine Liste jener Handynummern, die im Zeitraum von maximal zwei Stunden in der Nähe waren, sagt Nils Güggi vom Überwachungsdienst. Die Liste in diesem Fall dürfte ausserordentlich lang sein – denn die Antenne liegt bei einer Autobahn, sagt Güggi. «Autobahnen oder Zugverbindungen sind üblicherweise Multiplikatoren bei dieser Menge von Daten.»

124 Antennensuchläufe gab es letztes Jahr. Im aktuellen Fall sprechen die Ermittler von mehreren Tausend Telefonnummern. Eine davon gehört möglicherweise dem Täter, falls er das Handy bei der Tat dabei hatte.

Ich fürchte, bei einer solch schweren Straftat und als Ultima Ratio gibt es keine andere Möglichkeit.
Autor: Martin Steiger Anwalt, für Recht digitalen Raum

Der Rest sind Tausende Unbeteiligte, die zufällig während des Suchzeitraums zum Beispiel auf dieser Autobahn durchfuhren. «Die Menge ist unerfreulich. Es gibt sehr viele Betroffene. Sie werden auch nicht informiert. Ich fürchte aber, bei einer solch schweren Straftat und als Ultima Ratio gibt es keine andere Möglichkeit», sagt Martin Steiger.

Der Zürcher Anwalt ist auf Recht im digitalen Raum spezialisiert. Tatsächlich würden nur jene Handybesitzer informiert, die in einen engeren Kreis von Verdächtigen gelangen, sagt Simon Kopp von der Luzerner Staatsanwaltschaft. «Wenn die Telefonnummer einer Frau gehört, fällt sie als Täter schon mal weg und wird nicht informiert.»

Neues Überwachungsgesetz regelt Antennensuchlauf nicht

Der Fall wirft auch ein Schlaglicht auf die Revision des Überwachungsgesetzes. Das Parlament schliesst die Beratungen dazu vermutlich noch in dieser Session ab. Gerade die Frage des Antennensuchlaufs regelt allerdings auch das neue Überwachungsgesetz nicht: Das steht in einer Verordnung, die sich auf einen Bundesgerichtsentscheid abstützt. Und über Verordnungen kann das Parlament nicht befinden.

Anwalt Martin Steiger findet das eine Unterlassung. Zwar sei es nicht zwingend, weil das Bundesgericht befunden habe, dass der Eingriff in die Grundrechte nicht besonders schwer sei. «Aber es wäre schön, wenn das im Strafrecht auch vermerkt wäre.»

Audio
Tätersuche in Emmen – tausende Mobiltelefonnummern überprüfen
aus Rendez-vous vom 02.03.2016. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 1 Sekunde.

Ermittler forderten Daten kurz nach Tat an

Im neuen Überwachungsgesetz geht es auch um Randdaten – also jene Daten, die, wie im aktuellen Fall, zum Beispiel angeben, wann jemand wo war. Aktuell dürfen sie sechs Monate lang gespeichert werden. Der Bundesrat wollte zwar zwölf Monate, doch es dürfte bei sechs bleiben.

Auf diese Frist werden sich National- und Ständerat wohl einigen. Und im vorliegenden Fall reichten nun offensichtlich sechs Monate auch aus: Denn die Ermittler forderten die Daten vorsorglich bereits kurz nach der Tat an, wie die Luzerner Staatsanwaltschaft bestätigt.

Im aktuellen Fall wäre es nützlich, wenn die Daten länger aufbewahrt würden.
Autor: Nils Güggi Überwachungsdienst beim Bund

Aber, so kontert Nils Güggi vom Überwachungsdienst beim Bund: Erneute Überwachungen von Handydaten seien heute, mehr als sechs Monate nach der Tat, eben auch nicht mehr möglich. «Wenn ich zwei bis drei potenzielle Täter habe, dann kriege ich von denen kurz vor oder nach der Tat keine rückwirkenden Daten mehr. Hier wäre es dann wieder nützlich, wenn die Daten länger aufbewahrt würden.»

Die Luzerner Ermittler stehen nun vor dem Heuhaufen von Tausenden Handy-Nummern – in ihm müssen sie die Nadel finden, die Nummer des mutmasslichen Täters.

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