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Die Corona-Welle kommt – Sind unsere Spitäler gerüstet?
Aus Puls vom 16.03.2020.
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Intensivstationen rüsten sich Wie lange halten unsere Spitäler der Corona-Welle stand?

Das Universitätsspital Zürich hat die grösste Intensivabteilung der Schweiz. Doch auch hier sind die Mittel begrenzt.

Montagmittag im Universitätsspital Zürich (USZ), wenige Stunden vor dem bundesrätlich verkündeten Lockdown der Schweiz: Intensivmediziner Peter Steiger und sein Team bereiten sich auf den Einsatz in der Intensivstation vor.

Ohne hermetische Schutzkleidung, aber mit Masken, Brillen und Handschuhen betreten sie die Räumlichkeiten, die komplett für Covid-19-Patienten reserviert sind. Vier schwere Fälle liegen derzeit hier. Alle sind stabil.

«Wer zu uns kommt, braucht Unterstützung beim Atmen», weiss Intensivmediziner Peter Steiger. «Wir nehmen diese Patienten deshalb so schnell wie möglich ans Beatmungsgerät und kümmern uns auch um allfällige Kreislaufprobleme.»

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«Wer zu uns kommt, braucht Unterstützung beim Atmen und kommt so schnell wie möglich an ein Beatmungsgerät.»
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64 solche Intensivbetten mit Beatmungsgeräten stehen im Universitätsspital zur Verfügung. Bis zu 200 könnten insgesamt bereitgestellt werden.

Klingt nach viel, ist es aber nicht.

«Wir haben bereits zahlreiche Patienten, die aus anderen Gründen auf der Intensivstation liegen», erklärt USZ-Mediziner Peter Steiger. Unfälle, Hirnblutungen, schwere Infektionen, dringende Operationen, Herzinfarkte – das Coronavirus ist bei weitem nicht der einzige Grund, hierher verlegt zu werden.

Zurzeit ist es noch relativ ruhig am USZ. Das wird sich bald ändern. «Schaut man sich die ansteigende Kurve der Fallzahlen an, verläuft sie sehr ähnlich wie in Italien. Ohne akute Zusatzmassnahmen könnten wir in wenigen Wochen in derselben Lage sein», skizziert der Mediziner den schlimmsten Fall.

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«Wenn nicht akut etwas unternommen wird, sind wir in wenigen Wochen in derselben Situation wie Italien.»
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Besonders gut bestückt ist die Schweiz nicht mit Intensivbetten.

Zum Vergleich: Die Lombardei hatte zu Beginn der Krise rund 80 Betten pro Million Einwohner, die Schweiz 120, Deutschland 350.

Das könnte knapp werden, bestätigt Patrick Mathys Leiter Krisenbewältigung im BAG. «Wir wissen nicht, ob das am Ende reichen wird.»

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«Im schlimmsten Fall werden es sehr viele Patienten sein. Und da wissen wir wirklich nicht, ob die Kapazitäten am Ende reichen.»
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Auch in kleinen Spitälern wie dem Spital Schwyz dreht sich alles ums Coronavirus.

Akute Fälle gibt es hier noch keine. Auf die erwartete Welle von Covid-19-Patienten hat man sich in den letzten Tagen aber so gut wie möglich vorbereitet.

Die Krux ist nicht die Medizintechnik, sondern das Personal.
Autor: Didier Naon

Didier Naon ist Leiter der kleinen Intensivstation. Noch sind seine sechs Betten zu 80 Prozent mit normalen Patienten ausgelastet. Zwei der Betten stehen in einem eigens umgebauten Isolationszimmer, wo dereinst Corona-Patienten untergebracht werden sollen. Sie sind mit Beatmungsgeräten ausgestattet.

Im Notfall könnte man hier noch zwei zusätzliche solche Betten bereitstellen. Ob das reicht, ist mehr als ungewiss, und die Anzahl Intensivbetten ist nur das eine Problem: «Die Krux ist nicht die Medizintechnik, sondern das Personal», erklärt Intensivmediziner Naon.

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«Pro schwerkranker Patient sind ein bis zwei Pflegende pro Schicht dauernd beschäftigt.»
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«Wir brauchen genügend Personal, das sich um Patienten kümmert und die Maschinen bedient.» Mit einem schwerkranken Patienten sind ein bis zwei Pflegende pro Schicht dauernd beschäftigt.

Claudia Kühn, die Leiterin der Intensivpflege am Spital Schwyz, hat noch Zeit, sich auf den Ansturm vorzubereiten. Im Moment sei die Unsicherheit, was auf alle zukomme, das Schlimmste, sagt sie. «Im Moment besteht mein Daily Business darin, Ängste zu nehmen, und Fragen, Unklarheiten, Ungewissheiten zu beantworten.»

Wenigstens sei man in der komfortablen Lage, dass alle Stellen besetzt sind. Externe Mitarbeiter müssen nicht rekrutiert werden. «Wir fühlen uns gerüstet. Aber ob wir das bewältigen können, werden wir dann sehen, wenn es so weit ist.»

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«Die Ungewissheit ist das Schlimmste, aber wir fühlen uns gerüstet.»
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Ein weiteres Problem: Schwere Fälle liegen zwei bis drei Wochen auf der Intensivstation. Viel länger als andere Patienten. «Die wirklich schweren Fälle benötigen noch mehr Infrastruktur, die in Schwyz nicht vorhanden ist. Die müssen sehr früh in ein Zentrum verlegt werden», weiss Didier Naon. Zum Beispiel nach Zürich.

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«Die wirklich schweren Fälle müssen dann sehr früh in ein Zentrum verlegt werden, das spezielle Beatmungsmöglichkeiten bietet.»
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Am Unispital Zürich kann man solche schweren Fälle behandeln, wenn die Kapazität es erlaubt. Darum wird laufend ausgebaut – auch in Räumlichkeiten, die man im Zuge des grossen USZ-Umzugs bereits verlassen hatte: Wo bis im Juli eine Intensivstation war, ist gerade wieder eine am Entstehen.

Ein zusätzliches Dutzend Betten wird hier zur Verfügung stehen. Nicht genug, fürchtet Peter Steiger, sollten die Ansteckungen ungebremst ansteigen. Irgendwann werden die Ärzte dann dramatische Triagen vornehmen müssen. Entscheiden, bei welchen Patienten eine Aufnahme in der Intensivstation überhaupt noch Sinn macht.

Die Kriterien müsse man noch erarbeiten. «Aber grundsätzlich wird man keine Patienten mehr aufnehmen können, die eine zu schlechte Prognose haben oder bei denen die Behandlung hier keinen Unterschied mehr macht.»

Eine Verantwortung, um die niemand zu beneiden ist.

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«Entscheiden, welche Patienten man noch auf die Intensivstation nimmt und welche nicht. Das sind dann harte Zeiten....»
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Puls, 16.03.2020, 21.05 Uhr

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